Liebe gehört zum Handwerk: Zwölf Geschichten mit Herz

In 12 homoerotischen Geschichten werden Lovestories erzählt, in denen Handwerker die Hauptrolle spielen. Alle Geschichten sind rund und in sich abgeschlossen. Insgesamt haben 10 Autoren Beiträge dazu geleistet und so vielfältig wie die Handwerkskunst sind auch die Geschichten ausgefallen. Nicht alle haben meinen Geschmack getroffen, aber einige davon fand ich sehr gelungen. Die Sammlung aus Kurzgeschichten bietet sowohl nachdenklich, als auch humorvoll, hocherotisch oder niedlich und jeder wird sich aus dieser bunten Pralinenschachtel etwas für seinen persönlichen Geschmack herauspicken können.

So fand ich die einzelnen Geschichten:

Zweite Chance von Kataro Nuel

Hier geht es um den Ex-Häftling Philip, der in der Schreinerei Wiederhammer nur einen Job bekommt, weil sein Opa seine Kontakte hat spielen lassen. Juniorchef Yannick will ihn anfangs gar nicht in seiner Firma haben, aber es dauert nicht lang, bis sie heimlich Blicke austauschen.

Nett geschrieben und flüssig zu lesen, wird eine Liebesgeschichte mit Hindernissen erzählt, garniert mit einer kleinen Prise Mystik und angedeuteter Erotik.

Maßnehmen von Ashan Delon

Der Schneider Simon versteckt sich am liebsten weit hinten in der Schneiderei und überlässt jeden Kundenkontakt den Kolleginnen, denn er ist unglaublich schüchtern. Wie soll er denn da jemals Leute kennenlernen oder gar den Mann für’s Leben finden? Bis der quirlige Moritz mit einem echten Notfall auftaucht und Simon der Einzige ist, der ihm helfen kann.

Moritz ist ein sympathischer Spaßvogel, der den zurückhaltenden Simon auftaut. Die Geschichte liest sich flott und flüssig und auch wenn das “Ich liebe dich” für meinen Geschmack nach so kurzer Zeit und der wenigen Stunden, die sie zusammen verbracht hatten, viel zu früh kam, ist diese witzige Geschichte insgesamt doch gut gelungen.

Unversehrt von Jobst Mahrenholz

Emilio ist der Bestatter eines kleinen italienischen Dorfes. Als der neue Tankwart Raffaele in den Ort kommt und sich die beiden zögerlich anfreunden, weiß Emilio, dass er ab sofort nicht mehr alleine ist.

Diese Geschichte sollte mit einem Warnhinweis kommen, dass man sie nur bei bester Stimmung oder als Beschleunigung der eigenen Selbstmordpläne lesen sollte. Sie ist sehr bedrückend und düster, sicherlich gekonnt erzählt, aber nicht nach meinem persönlichen Lesegeschmack.

Der verrückte UhrHutmacher von Caitlin Daray

Henriks Schwester Maja hat ausnahmsweise mal eine tolle Idee, was sie ihrem Vater zum Geburtstag schenken sollten. Sie schleppt Henrik in einen merkwürdigen Laden in einer obskuren Seitengasse und auch der Inhaber wirkt ein bisschen skurril, auch wenn er fantastisch aussieht und Henriks Herz höher schlagen lässt. Henrik wagt einen Versuch, sich mit dem Uhrmacher zu verabreden – und erlebt sein blaues Wunder!

Umweht von einem kleinen geheimnisvollem Touch und viel deutlicher erzählter Erotik als in den vorhergehenden Geschichten hat mich diese Lovestory gut unterhalten.

Herzensblicke von Cat T. Mad

In historischem Setting blüht die Liebe in der Schmiede zwischen zwei muskelbepackten Schmieden, gestandene Männer alle beide, aber trotzdem sehr süß. Diese Geschichte ist etwas kürzer als die vorhergehenden, doch die Länge, die Erzählweise und der Inhalt passen gut zusammen. Eine gelungene Kurzgeschichte.

Come di pietra – Wie aus Stein von Moritz Berg

Diese Geschichte wurde in einer viel zu schwülstigen Sprache erzählt, die vielleicht in die historische Zeit passen mag, von der sie berichtet, die aber meinen Lesegeschmack nicht getroffen hat. Der Bildhauer erinnert sich an seine Vergangenheit zurück und erzählt diese in einer nicht gerade packenden Art und Weise nach, bevor wir gegen Ende dann tatsächlich eine echte Handlung haben. Und dafür, dass sie nicht besonders lang war, sammelte sich auch der eine oder andere Fehler a la “Sofort viel er mir auf” zuviel in der Geschichte.

Es gibt doch schwule Friseure! von Ashan Delon

Volker glaubt, der einzige Schwule in der Stadt zu sein, denn bisher war seine Suche einem Mann, in den er sich verlieben könnte und der seine Gefühle erwidert, ziemlich erfolglos. Seine Schwester Emma nimmt diese Herausforderung an und macht sich sehr offensiv daran, Volker einen Mann zu suchen. Auf dem Friseurstuhl klappt es dann auch und der heiße Flirt beginnt.

Eine witzige Grundidee gut umgesetzt und garniert mit einem ordentlichen Schuss prickelnden männlichen Balztanzes bringt klasse Unterhaltung.

Unsicherheiten und Herausforderungen von Karolina Peli

Die Geschichte startet sehr langsam und wir erleben eine lange Zeit, in der Alban alleine auftritt. Man verfolgt seinen nicht gerade spannenden Lebensweg und fragt sich, ob da noch mal ein Mensch ins Spiel kommt, in den Alban sich velieben könnte. Es dauert sehr lange und ich habe Passagen nur überflogen, obwohl auch in der Geschichte selbst immer mal sprunghaft von einer Szene in die nächste gewechselt wurde, bis endlich, endlich … Die eigentliche Liebesgeschichte war gefühlvoll und schön romantisch.

Leider hat es gegenüber der gluckenhaften Mutter keine Aussprache und kein Outing gegegben. Das war zwar nicht zwingend nötig, aber für einen Neustart hätte mir ein Kaiptel darüber noch sehr gefallen.

Ohhh Noah! von Juli D. Finn

Max bezieht seine erste eigene Wohnung und ist zuerst sehr dankbar für die Hilfe seines Nachbarn Noah – bis Max erkennt, dass Noah sprunghaft und ungeschickt ist und sich selbst maßlos überschätzt. Zum Glück ist er aber auch immer gut gelaunt, hilfsbereit und optimistisch und deshalb kann Max ihm nicht wirklich böse sein.

Eine nette, harmlose Geschichte um den Schussel Noah, der für meinen Geschmack zu überzeichnet dargestellt wurde in seiner ahnungslosen Begeisterung für alles, was er nicht ansatzweise beherrscht. Wer es etwas mehr in Richtung Slapstick möchte, wird diese Story mögen.

Süßigkeitengrinch von Sandra Black

Nate hasst alle Arten von Süßigkeiten, sogar schon vom Geruch wird ihm schlecht. Sein bester Freund hat ihn überredet, doch einmal mit in die Konditorei zu kommen. Nates Widerwille weckt den Ehrgeiz des Konditors Theo und sie lassen sich auf ein Arrangement ein, bei dem Theo versucht, Nate doch noch von Süßigkeiten zu überzeugen. Oder von sich.

Leider fand ich die Sprache hier nicht ganz so flüssig und rund, wie ich das gerne gehabt hätte. Eigentlich hatte mich die Geschichte schon beim ersten Satz “Schon der Geruch ließ Nate den Magen umdrehen” verloren, weil ich mir vorstellte, wie Nate einen Magen umdreht. Außerdem fand ich Nate nicht besonders sympathisch, weil er die meiste Zeit nur negativ und überkritisch war.

Alles Handarbeit von Chris P. Rolls

Ario soll sich das alte Bauernhaus ansehen, das Tibor kürzlich geerbt hat und das er wieder originalgetreu herrichten will. Ario ist von Anfang an vom rassigen Tibor begeistert, aber er ist sich nicht sicher, ob Tibor tatsächlich mit ihm flirtet oder einfach nur freundlich ist. Bei den Renovierungsarbeiten ergibt sich eine gute Gelegenheit, das herauszufinden.

So stelle ich mir eine gelungene erotische Kurzgeschichte vor! Die Figuren sind einem sofort nah und sympathisch, man fiebert mit Ario und hofft, dass Tibor tatsächlich auch Interesse an ihm hat. Beide lieben ihr traditionelles Handwerk, gehen in ihren Berufen auf und die bodenständige Liebe zu ihrem Broterwerb ist bei beiden deutlich zu spüren. Und dann werden verschwitzte nackte Oberkörper gezeigt und mit Lehm gepanscht, dass die sexy Funken nur so fliegen. Klasse!

Engel in neongrün und rot von Ashan Delon

Der Pannenhelfer Johannes wird vom liegengebliebenen Oldtimerbesitzer Thomas gar nicht erst an sein altes Auto gelassen. Umso mehr wundert sich Johannes, als Thomas abends vor seiner Werkstatt steht und ihn zum Essen einladen möchte.

Johannes ist in einer negativen Stimmung, die sich auch auf mich als Leser übertragen hat. Er ist Thomas gegenüber misstrausch und fürchtet, von ihm irgendwie über’s Ohr gehauen zu werden. Im Lokal findet er kein Gericht, das ihm schmeckt. Er will aber auch nicht die Beilagen ändern, weil das seine Exfrau immer gemacht hat. Der Typ nervt und sobald er etwas sympathischer rüberkommt, fängt Thomas an zu nerven und völlig hysterisch-übertrieben zu reagieren.

Wieso die beiden völlig aus dem Nichts heraus beide dann doch total scharf aufeinander sind, obwohl sich zwischen ihnen meistens nur unangenehme Stille ausbreitet, konnte ich nicht nachvollziehen. Diese Geschichte hat meinen Geschmack nicht getroffen.

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