Darum geht’s:
Die hochschwangere Smoky und ihr Team werden nach Denver gerufen, wo sie auf drei Mordschauplätze treffen, die seltsamer nicht sein könnten. Drei Familien wurden am Esstisch arrangiert, die Eltern enthauptet, die Leichen der Mädchen friedlich auf dem Esstisch “angerichtet” und die Söhne im Bett ermordet. Noch bevor sich Smoky mit allen drei Familien näher beschäftigen kann, wird sie noch am Tatort von einer jungen Frau mit einer Schrotflinte bedroht. Die junge Frau bittet um Aufmerksamkeit und wird eine äußerst verworrene Botschaft los.
So fand ich’s:
Bis zum Schluss hatte ich gehofft. Aber nun ist die letzte Seite gelesen und ich bin noch so verwirrt und schockiert wie zu Anfang und verstehe nicht, was dieses Machwerk sollte. Hier ist der Versuch einer Aufarbeitung:
“Die Stille vor dem Tod” besteht aus drei Teilen.
Der erste davon, “Geburt”, war gespickt mit Handlungsabfolgen, die immer absurder wurden. Nicht nur grausam, menschenverachtend und brutal, nein, sie waren auch so merkwürdig, dass ich die ganze Zeit nur den Kopf schüttelte und relativ schnell anfing, darauf zu hoffen, dass sich dieses Chaos irgendwie sinnvoll wieder auflösen lässt. Ein einziger brutaler Alptraum.
Der zweite Teil “Stille” glänzte durch die Abwesenheit von Handlung. Es wurden einem jede Menge Fakten und Ereignisse nacherzählt, bei denen ich doch ganz gerne dabei gewesen wäre. Der Rest bestand aus einer langen Therapiesitzung für Smoky, die mich größtenteils gelangweilt hat.
Teil drei nennt sich “Ansprache” und fängt ganz vielversprechend an, denn das Team arbeitet zusammen und analysiert wie gewohnt. Darauf, dass sich daraus ein Schlachtplan entwickelt und ich einen spannenden Showdown miterleben kann, habe ich allerdings vergeblich gehofft.
Sämtliche zentrale Handlungen passieren im Off und werden einem nur nacherzählt, oft genug in Form von wirren Träumen. So fühlte ich mich um die gewohnte Action komplett betrogen.
Als die zu lesenden Seiten immer weniger wurden und ich immer noch keine Ahnung hatte, was das Ganze überhaupt sollte, bekam ich Bedenken, dass ich auf den wenigen verbliebenen Buchseiten auch keine vernünftige Auflösung bekommen würde. Und so war es dann auch. Dieses Buch hat keinen Abschluss, es hört in einer etwas ruhigeren Phase ganz einfach auf. Ohne einen weiteren Band (oder mehrere), die möglicher Weise noch folgen, hängt man komplett in der Luft. Als wäre der Opa mitten in der Geschichte, die er erzählt, einfach eingeschlafen …
Smoky schweift während des ganzen Buches ständig ins Philosophische ab und zwar auch in Situationen, die für Kontemplation überhaupt nicht geeignet sind. McFadyens bunte und griffige Metaphern weiten sich in ganze Nebengeschichten aus, die nichts weiter tun sollen, als ein Gefühl zu verdeutlichen. Mich haben sie aber von der eigentlichen Handlung ständig abgelenkt. Die Fakten, die einem präsentiert werden, sind bis jetzt kaum miteinander verbunden, nichts ist aufgeklärt geschweige denn vernünftig motiviert, und mir fehlt der Sinn des Ganzen.
Es sind seit den ersten 4 Bänden der Smoky-Barrett-Reihe einige Jahre vergangen, in denen der Autor abgetaucht war. Man munkelte von einer schweren Krankheit. Und tatsächlich liest sich dieses Buch so, als wäre es unter dem Einfluss von schweren Medikamenten oder auf einem gewaltigen, Monate andauernden LSD-Trip verfasst worden. Leider habe ich es nüchtern und drogenfrei gelesen, so dass sich mir persönlich der Spass an diesem Buch nicht erschlossen hat.
“Die Stille vor dem Tod” kann ich nur als überwiegend sinnloses Geschwafel bezeichnen und ist für mich der größte Reinfall der letzten Jahre.
Mehr dazu:
Einen ganz tollen und sehr lesenswerten Verriss, der auch mir mit jedem Wort aus der Seele spricht, gibt’s auf Sunsys Blog. Bei My Books Paradise wird ebenfalls gekonnt und gut erläutert am Ende ein negatives Fazit gezogen. Im Gegensatz dazu kann man bei Thrillertante eine begeisterte Meinung mit Leseempfehlung für das Buch nachlesen und auf Tapsis Buchblog findet sich eine ähnlich enthusiastische Rezension.
Wenn man sich die Heldin der Serie nochmal in Erinnerung bringen möchte, gibt es auf Mybookblog einen Auszug aus Smoky Barretts Personalakte mit den wichtigsten Informationen über sie.
Noch in diesem Monat werde ich an einer Lesung von Cody McFadyen teilnehmen, die vielleicht ein bisschen mehr Licht in das Dunkel darüber bringt, was er mit diesem Buch bezweckt hat, welche Pläne er für eine Fortsetzung bzw. Weiterführung der Geschichte hat und wieso er sich dieses Machwerk nicht verkneifen konnte. Ich werde berichten.
Wer das Buch gelesen hat und meine ausführlicheren Überlegungen zum Inhalt lesen möchte, kann das in diesem Beitrag zur Leserunde machen.
Die Serie in der richtigen Reihenfolge:
Die Blutlinie
Der Todeskünstler
Das Böse in uns
Ausgelöscht
Die Stille vor dem Tod
[Werbung] Klappentext- und Bildquelle sowie Buchdetails: Verlagsseite
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Ja Gabi, wir sind uns mal wieder vollkommen einig!
Vielen Dank fürs Verlinkten! Ich hole die Verlinkung zu deinem Verriss noch nach. Jetzt allerdings erwarte ich gleich Gäste, darum später.
Auch ich war leider völlig nüchtern und hatte wohl deshalb keinen Spaß am Buch ;)
Übrigens hab ich dieses eBook an Amazon zurück gegeben, zum ersten Mal überhaupt, weil mich die investierten 17 € so geärgert haben, und habe das Geld anstandslos erstattet bekommen!
Glg, Elke
Ich hab die Printversion, die der Vollständigkeit halber doch zu den anderen ins Regal darf. Hätte ich das eBook gekauft, dann hätte ich auch darüber nachgedacht, es zurückzugeben. Gut zu wissen, dass das so problemlos klappt.
Ich finde, man hätte als Verlag oder als Autor einen kleinen dezenten Hinweis darauf geben können, dass dieses Buch komplett anders ist als die anderen Bände und dass es keinen vernünftigen Schluss hat, weil es offensichtlich als Mehrteiler ausgelegt ist. Das sind ja wichtige Kaufentscheidungen und dann hätte man sich viel Frust bei der Leserschaft erspart, die jetzt erst mal sehr negativ überrascht wurde. Ich gebe normalerweise ja nicht viel auf die Leserrezensionen bei Amazon, aber zu diesem Buch sind die (zahlreichen!) 1-Sterne-Wertungen durchaus lesenswert ;-)
LG Gabi
Hallöchen,
erstmal tolle Rezension trotz enttäuschendem Resümee. Was du berichtest klingt leider gar nicht erfreulich… ich warte schon ewig auf diesen Teil, da ich die ersten vier absolut verschlungen habe. Das mit der Krankheit hab ich auch schon gehört, weshalb ich das Buch gänzlich abgeschrieben habe, was wohl auch besser wäre – ich möcht mir trotzdem selbst einen Eindruck machen, hab es damit jetzt aber nicht mehr ganz so eilig
Liebe Grüße
Smarty
Hallo Smarty,
ich gebe hier natürlich nur meine ganz persönliche Ansicht wieder. Ich habe auch schon Meinungen gelesen, die gerade diesen philosophischen und nachdenklichen Schwerpunkt als “hinter die Kulissen von Smokys Gefühlswelt schauen” empfinden und das ganz besonders mögen. Vielleicht kannst Du Dich also doch für das Buch begeistern, vor allem, wenn Du von dieser Änderung des Schreibstils und der Erzählweise nicht so überrascht bist wie ich.
Ich bin gespannt darauf, was Du zu dem Buch sagst, wenn Du es dann doch irgendwann gelesen hast.
LG Gabi
Der Vergleich mit dem Opa gefällt mir :3
Und ich kann nur wiederholen: Mir ist die Lust an dem Buch vergangen. Vielleicht lese ich mal rein, wenn das TB kommt, aber den stolzen HC Preis gebe ich dafür definitv nicht aus ;)
Ich glaube, man muss anders gestrickt sein als der typische Cody McFadyen-Leser, um das Buch zu lieben. Aber es soll Leute geben, denen es trotzdem gefällt.
Ich würde aber auch sagen, es hat Zeit und mich würde es nach jetzigem Wissensstand nicht so drängen, das Buch zu lesen.
LG Gabi