Darum geht’s:
Der ehemalige Soldat Toni Fassbinder veranstaltet Survival-Camps, die den Teilnehmenden durch zwei Wochen einfaches, entbehrungsreiches Leben innere Ruhe bescheren sollen. Doch von Anfang an gibt es im letzten Camp des Jahres Frust und Streit und niemand scheint wirklich Lust auf die Herausforderungen der Natur zu haben. Und dann ist eine Teilnehmerin tot.
So fand ich’s:
“Kampf gegen die Alb” ist kein klassischer Krimi. Das merkt man schon am Aufbau des Romans, denn der Mord passiert erst in der zweiten Hälfte des Buches und entsprechend wenig Lesezeit wird auf die Ermittlungen und die Aufklärung des Mordes verwendet.
Der Schwerpunkt des Buches liegt bei der Beobachtung der Menschen, die am Survival-Camp teilnehmen. Man könnte “Prepper” erwarten, die sich Überlebens-Techniken für die erwartete Apokalypse aneignen wollen, Naturfreunde, die sich mit heimischer Flora und Fauna beschäftigen wollen oder Menschen, die eine neue Herausforderung suchen. Doch davon ist die zusammengewürfelte Truppe weit entfernt und lässt sich nur sehr zögerlich auf das Outdoor-Abenteuer ein.
Selbst Veranstalter Toni Fassbinder verhält sich nicht so, wie ich es erwartet hätte. Mich hat irritiert, dass er offensichtlich nichts für das Camp wirklich vorbereitet hat. Ich wusste auch nicht, wie die TeilnehmerInnen ihren Tag verbringen. Aktivitäten scheint es nicht zu geben, nur Hunger, Frust, Kälte, Langeweile, Gemecker und als Gegenpol Motivationsreden von Toni. Selbstfindung durch Loslassen aller Ablenkungen, Ruhe in der Einfachheit zu finden – das propagiert Toni, doch es scheint bei kaum jemandem wirklich zu verfangen.
Der Sinn dieses Camps hat sich mir nicht wirklich erschlossen. Man kann sich eigentlich nicht ernsthaft mitten im Oktober spontan in den Wald setzen und erwarten, dass man zwei Wochen lang mit zwei Spinnen und drei Käfern für ein Dutzend Personen über die Runden kommt.
Eine Weile war ich damit beschäftigt, mir zu überlegen, wer wohl tot im Bach enden würde, wie uns der Prolog andeutete. Dann wurde die Erzählung ein wenig zäh und trat auf der Stelle, während wir beobachteten, wie Leute sich aus dem Camp wegschlichen, sich Blicke zuwarfen, sich stritten, wieder auftauchten, ihre eigenen Pläne verfolgten, oder das Camp ganz verließen. Im Hintergrund wurde weiter gejammert, gehungert und motiviert.
Kommissar Sepp Dreithaler tritt erst nach dem Mord wirklich in Erscheinung und präsentiert sich mit einem ausgeprägten Dialekt. Es war ein bisschen mühsam, ihn zu lesen und nervte mit der Zeit. Ein großes Ermittlertalent schien er auch nicht zu sein, denn er arbeitete sich an so ziemlich allen Klischees ab, die man im Zusammenhang mit den Survival-Campern entdecken konnte.
Es wurde eigentlich nicht wirklich ermittelt, sondern hauptsächlich durch Kommissar Dreithaler befragt, was gut zum vorderen Teil des Buches aus dem Camp passte, in dem auch viel beobachtet und geredet wurde.
Ich hatte durch den Titel und den Klappentext ganz andere Erwartungen an das Buch. Der Krimiaspekt, die Ermittlungen, die Polizeiarbeit, kamen mir zu kurz. Der Kommissar stocherte mit viel Dialekt im Nebel und auf die ausgeprägte Mundart, die zum Beispiel das Wort “Schpermaschburn” öfter in die Unterhaltung spülte, hätte ich gut verzichten können. Die Auflösung hat sich am Ende eher “so ergeben” und ich fand das Motiv ein bisschen schwach, aber manchmal ist es eben so.
Die Camper, der Kommissar und auch Organisator Toni durften abwechselnd erzählen, doch wirklich nahe gekommen bin ich niemandem. Vielleicht auch wegen der vielen wechselnden Perspektiven und damit nur kurzem Verweilen bei den einzelnen Personen.
Unterm Strich fand ich das Buch nicht schlecht, von einem Highlight war es aber ein gutes Stück entfernt. Ich hatte etwas anderes erwartet, war durch den ungewöhnlichen Aufbau irritiert. Das Buch war kein wirklicher Krimi oder Thriller, am ehesten würde ich es als “psychologisches Kammerspiel” bezeichnen. Normalerweise rätsele ich gerne, wer das Verbrechen begangen hat, doch hier war ich eher damit beschäftigt herauszufinden, wer wohl die Leiche sein wird. Die Gruppendynamik im Camp hatte Unterhaltungswert, wurde aber dann etwas zu ausführlich zelebriert.
Ich bin grundsätzlich offen für neue Konzepte und Handlungen, die vom Schema F abweichen. Dabei besteht aber immer die Gefahr, dass mich das Experiment nicht überzeugen kann und “Kampf gegen die Alb” hat es aus verschiedenen Gründen nicht ganz geschafft.
Mehr dazu:
Weitere Meinungen zum Buch:
(wird ergänzt)
Herzlichen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar
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Titel: Kampf gegen die Alb
Autor/in: Claire Edwards
ISBN / ASIN: 978-3839208816
Sprache: Deutsch
Genre: Krimi
Serie: Kommissar Sepp Dreithaler #1
Verlag: Gmeiner
Erscheinungsjahr: 2025
Medium: Taschenbuch
Seitenzahl: 288
Klappentext- und Bildquelle sowie Buchdetails: Verlagsseite