Wie hatte ich mich auf das Buch “Die Stille vor dem Tod” gefreut. Und wie verwirrt, enttäuscht und ratlos war ich nach der Lektüre mit offenem Mund sitzen geblieben und konnte nur ein ziemlich vernichtendes Urteil über das Buch abgeben.
Umso toller fand ich es, als ich erfahren habe, dass der Autor zu einer Lesung nach Würzburg kommt. Okay, da wohne ich zwar nicht, aber es ist immerhin in fahrbarer Entfernung und so habe ich mir tatsächlich gleich die Karte Nummer 3 gesichert :-) , so schnell hab ich mir ein Ticket besorgt. Ich hatte gehofft, ein paar mehr Infos über den Autor und seine Absichten und Pläne mit Smoky und ihrem Team zu bekommen und auch eine Erklärung dafür, wieso “Die Stille vor dem Tod” so anders ist als die vorhergehenden vier Smoky-Barrett-Bücher.
Auf dem Podium nahmen neben Cody McFadyen auch noch die Moderatorin des Abends Margarethe von Schwarzkopf Platz, die dem Autor tolle Fragen stellte und für’s Publikum übersetzte und die Schauspielerin und Hörbuchsprecherin Nina Petri, die es übernahm, Passagen aus der deutschen Ausgabe von “Die Stille vor dem Tod” zu lesen.
Wo war er die letzten Jahre?
Zuerst wurde gleich die Frage angesprochen, die wohl allen unter den Nägeln brannte: Wo war Cody McFadyen in den letzten Jahren abgeblieben? Ein 5. Smoky-Barrett-Band war schließlich schon vor Jahren angekündigt worden, der Erscheinungstermin verschoben und schließlich ganz gestrichen worden. Man hatte von einer schweren Krankheit gemunkelt, doch er erzählte ganz offen, was ihn wirklich vom Schreiben abgehalten hatte. Seine Eltern waren beide schwer erkrankt und er hatte sie zu sich ins Haus genommen, um sie zu pflegen. Da blieb ihm weder Zeit noch Muße, um ans Schreiben zu denken. Inzwischen sind die Eltern beide verstorben. Mit der Figur Smoky Barrett ist er aber so eng verbunden, dass ihm auch trotz der jahrelangen Schreibpause der Wiedereinstieg sehr leicht gefallen sei.
Die Figur Smoky Barrett
Überhaupt sind ihm die Charaktere sehr wichtig, sie bilden die Basis seiner Geschichten. Die eigentliche Handlung der Bücher ergibt sich dann aus der Figur der Bösewichte.
Für Cody McFadyens Geschmack ist Smoky Barrett einer Superheldin immer ähnlicher geworden und das begann ihn zu langweilen. Er wollte eine schwache Smoky zeigen, die mit ihren Dämonen der Vergangenheit zu kämpfen hat, die Ängste ausstehen muss und sich im Extremfall sogar nicht einmal mehr aus dem Haus traut. Es sollte ihr endlich klar werden, wie beängstigend es sein kann, mit durchgeknallten Serienmördern zu tun zu haben, dass man dabei sein eigenes Leben gefährdet und es sich im Laufe der Zeit auch dadurch verändert.
Wieso Cody McFadyen meinte, Smoky damit konfrontieren zu müssen, ist mir allerdings nicht klar. Denn es zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bücher der Serie, dass sie immer persönlich betroffen ist und auch selbst schon genug Konsequenzen in ihrem eigenen Leben zu spüren bekam. Mir scheint, es machte dem Autor einfach nur großen Spaß, Smoky bis an ihre Grenzen zu bringen, mit ihrem Charakter zu spielen, ihr den Boden unter den Füßen wegzuziehen und sich auszumalen, wie sie darauf reagiert.
Das Team
Die Kollegen von Smoky sollten nicht einfach nur stichwortgebende Nebencharaktere sein, sondern selbst interessante Menschen mit unterstützenden Eigenschaften, die Smoky selbst nicht hat. Es ist dem Autor wichtig, dass Ermittlungsarbeit nur als Team funktioniert – und ich als Leserin mag auch ganz besonders die Szenen, in denen das Team zusammenarbeitet, kombiniert und seine Schlüsses zieht. Davon könnte ich gerne mehr lesen!
Als ein großer Fan der Serie “Criminal Minds”, die er mehrmals als Referenz erwähnte, fände er es nicht schlimm, wenn wichtige Personen auch verschwinden und neue dazu kommen – niemand sei sicher. Besonders Alan, der sich ja kurz vor dem Pensionsalter befindet, wäre aber ein großer Verlust für Smoky, denn er steht für Erfahrung und die Stimme der Vernunft und begegnet Smoky auf Augenhöhe. Es bleibt abzuwarten, wie es mit Alan in den künftigen Bänden weiter geht.
Die Stille vor dem Tod
Der Originaltitel des Buches lautet “The Truth Factory” und das stehe für eine fabrizierte Wahrheit, die Fanatiker verbreiten, die meinen, die Wahrheit zu kennen. Den Titel der deutschen Ausgabe fand Cody McFadyen aber auch sehr passend und meinte, er wäre sogar besser gewählt als sein Originaltitel.
So Einiges, was in “Die Stille vor dem Tod” aufgeworfen wurde, ist noch nicht aufgeklärt und abgeschlossen und zur Beruhigung der Fans kündigte Cody McFadyen für 2017 und für 2018 jeweils einen weiteren Band der Smoky-Barrett-Reihe an. So sehr mich selbst “Die Stille vor dem Tod” enttäuscht hat, muss ich doch zugeben, dass ich in den nächsten Band wieder reinlesen werde – schließlich bin ich doch sehr neugierig, wie sich die ganzen offenen Verwirrungen auflösen. Ich fürchte aber, dass es dazu beide angekündigte Bände brauchen wird.
Das Böse
Da Cody McFadyens Bücher mit grausamen Verbrechen und sadistischen Serienmördern gespickt sind, wurde ihm natürlich auch die Frage gestellt, wie er “das Böse” definiert. Seine Antwort war, dass es da um Menschen gehe, die aus reinem Vergnügen töten. Ganz besondes, wenn Kinder die Opfer seien. Letztendlich habe natürlich jeder seine eigene Definition, denn diese Frage könne nur jeder individuell beantworten.
Ihn verfolgen seine Bücher aber nicht und bescheren ihm keine Alpträume, denn er versucht, sich mit netten Menschen zu umgeben, keine Krimis, sondern hauptsächlich Sachbücher zu lesen und außerdem wäre es nochmal etwas ganz anderes, sich solche Bücher auszudenken, als mit schlimmen Verbrechen, die wirklich geschehen sind, zu tun zu haben. Die Figur Smoky sei so kompetent und erkenne das Böse als schlimme Variation der meschlichen Natur, dass sie eine Art Puffer zwischen McFadyen und den Verbrechen bilde und er deshalb genug Distanz dazu habe.
Cody McFadyen
Der Autor wirkte sympathisch, humorvoll und offen und war auch in schöner Plauderlaune. Auch kleine Dinge aus seinem Privatleben teilte er mit uns, z. B. dass er sehr an Geschichte interessiert wäre und sich deshalb darauf freue, sich in Würzburg noch näher umzusehen. Sauerkraut habe er schon gekostet. Oder dass die Familie seiner Frau anfangs schon von ihm angetan gewesen sei – bis sie eines seiner Bücher gelesen hatten.
Er beantwortete auch einige Fragen aus dem Publikum.
Zwischen den Gesprächen Margarethe von Schwarzkopfs mit Cody McFadyen las Nina Petri in drei Blöcken aus den ersten Kapiteln von “Die Stille vor dem Tod”. Man merkte deutlich, dass sie eine versierte Schauspielerin ist, denn sie hauchte den Passagen Leben ein und man hätte ihr auch weitaus länger mit Begeisterung zuhören können. Sie erntete auch zu Recht großen Applaus.
Insgesamt hat das Trio von Schwarzkopf / McFadyen / Petri für einen sehr unterhaltsamen Abend gesorgt. Mit einem Glas Sekt, Wasser oder Saft und einer wunderbaren Kulisse (man beachte die Kronleuchter) beteiligte sich die Hugendubel-Filiale in Würzburg an dem wunderbaren Gesamtpaket. Obwohl ich mich mit dem Buch selbst noch nicht ausgesöhnt habe, hatte ich einen tollen Lesungs-Abend.
Und wer sich selbst mal ein Bild vom Autor machen und noch ein paar Infos zusätzlich haben möchte, kann auf der Seite von Bastei-Lübbe ein Interview mit Cody McFadyen (mit deutschen Untertiteln) sehen. Vielen Dank an Lena von MyBookBlog, die mich auf dieses Interview aufmerksam gemacht hat.
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Hui,
auch wenn ich mit McFadyen nichts anfangen kann -> toller Bericht. Margarethe von Schwarzkopf als Moderatorin ist klasse :)
Liebe Grüße
Elena
Ich hab Margarethe von Schwarzkopf schon mehr als einmal als Moderatorin erlebt und war immer begeistert. Die Frau stellt klasse Fragen und macht das richtig souverän und sympathisch. Ich freu mich immer, wenn sie dabei ist.
LG Gabi
Ein wirklich toller Bericht, dank dir für deine geteilten Eindrücke! Und das er so offen darüber spricht was ihn vom schreiben abhielt, ebenso Smokeys Superheldin Image, erklärt ein wenig sein aktuelle Buch!
Deine Rezension werde ich auch noch in den kommenden Tagen lesen, da ich nun den 5ten Band auch ausgelesen habe.
Es scheint ein wirklich toller Abend gewesen zu sein!
Oh ja, der Lesungsabend hat großen Spaß gemacht, unabhängig davon, wie ich das Buch fand.
LG Gabi
Hallo Gabi,
ich würde ja nur zu gerne auch endlich mal an einer Lesung teilnehmen. Leider sind die meistens alle soweit weg, ich bekomme keine Karten mehr oder finde niemanden der mit mir dahin gehen möchte. Daher bleibt mir zur Zeit nichts anderes übrig deine und andere Berichte zu lesen.
Die Smoky Berrett Reihe steht bei mir noch auf meiner Leseliste, ich hatte aber bisher noch keinen Draht dazu.
Viele liebe Grüße
Rena
Hallo Rena,
ich finde es gar nicht schlimm, auch alleine zu einer Lesung zu gehen und habe das auch schon gemacht.
Dass man eine zu weite Anreise hätte oder die Lesung so spät entdeckt, dass es keine Karten mehr gibt, ist mir allerdings auch schon passiert. Je öfter ich zu Lesungen gehe, desto mehr Aufwand bin ich aber bereit zu treiben, weil das wirklich schöne Erlebnisse sind. Und gerade bei Autoren aus dem Ausland weiß man ja nie, wann sie wieder in unsere Ecke des Globus kommen.
Aber natürlich berichte ich auch gerne für alle, die nicht teilnehmen konnten, von den Lesungen, die ich besucht habe :-)
Demnächst sind Sabine Weigand und Nele Neuhaus auf dem Lesungs-Programmn.
Liebe Grüße
Gabi
Hallo Gabi!
Die Moderatorin hatte ich auch bei einer Lesung mit Jussi Adler-Olsen! Das kann die Dame wirklich gut :D
Es ist spannend zu lesen, was der Autor zu berichten hat…aber so ganz kann es mich über den enttäuschenden Teil der Reihe nicht hinwegtrösten :/
Danke für den Link!
Liebe Grüße!
Eva
Hallo Eva,
ich freue mich auch immer, wenn ich mitbekomme, dass sie mit dabei ist. Eine tolle Frau!
Eigentlich hatte ich ja schon mit einer Ankündigung für die nächste Fortsetzung gerechnet, aber Cody McFadyen lässt sich offensichtlich Zeit. Vielleicht liegt es auch daran, dass sich der letzte Band nicht so gut veerkauft hat? Ich weiß es nicht.
Ich würde den nächsten Band tatsächlich kaufen, trotz der Enttäuschung, um zu sehen, ob es besser wird.
LG Gabi