Darum geht’s:
Wien, 1908. Die junge Ärztin Fanny hat sich den Grafen Waidring zum Feind gemacht und bekommt seine manipulative und sadistische Art zu spüren. Sie muss bei ihrer Arbeit als Rechtsmedizinerin Beobachtungen für Waidring machen und wird in seine Machenschaften mit hineingezogen. Aber vielleicht kann sie sich auch mit den Feinden ihres Feindes verbünden und sich aus Waidrings Klauen befreien?
So fand ich’s:
Der Cliffhanger am Ende des ersten Bandes hat mich dazu gebracht, nur schnell mal in den zweiten Band hineinzuhören und das Ergebnis war, dass ich auch die Fortsetzung komplett durchgehört habe. Fanny hat sich in “Wiener Blut” mit dem Grafen Waidring einen mächtigen und bösartigen Mann zum Feind gemacht, der seine sadistische Freude daran hat, Fanny mit Drohungen zu quälen und sie undurchsichtige Aufträge für sich erledigen zu lassen. Fanny vermutet, dass sich ihre beste Freundin Tilde in der Gewalt des Grafen befindet und erledigt zähneknirschend alles, was Waidring von ihr verlangt in der Hoffnung, Tilde eines Tages wohlbehalten wiederzu sehen.
Fanny hat sich gemausert und ihre Schüchternheit abgelegt. Ihr Freund Max hat sich von ihr zurückgezogen, Tilde ist verschwunden, also muss sie sich alleine ihrer verzwickten Situation stellen. Dabei hat sie mir viel besser gefallen als im ersten Band, sie scheint sich gefunden zu haben und zeigt ihr neu gewonnenes Selbstbewusstsein. Nach wie vor brennt sie für die Gerichtsmedizin und man kann auch als LeserIn an Obduktionen teilnehmen, die nicht effekthascherisch, sondern interessant und lehrreich erzählt werden. Auch Fannys wissenschaftliche Neugier reißt einen mit. Ihre Angst vor ihrem Chef ist verschwunden und zusammen mit Kollegen Franz erlaubt sie sich einige Freiheiten, belächelt ihren Chef eher als dass sie ihn fürchtet und kann mehr, als sie sich selbst zutraut.
Selbst im Machtspielchen zwischen dem Grafen Waidring und seinem maskierten, unbekannten Widersacher ist Fanny zwar nur eine Spielfigur, doch sie schafft es, eigene Akzente zu setzen und zu überraschen. Ich fand, dieser zweite Band der Reihe hatte mehr Tiefe als der erste Teil, und auch das Gefühl eines “cosy crime” war weitgehend verschwunden. Auch wenn durch das Geplänkel mit Franz einiges an Leichtigkeit aufkam, gab es doch auch ernste Gespräche und Gedanken über Moral und Liebe. Und auch Graf Waidring ist nicht eindimensional böse, sondern ein vielschichtiger Mann.
Dass wir uns im Wien Anfang des 20. Jahrhunderts bewegen, kam wieder sehr deutlich heraus. Die Bälle der besseren Gesellschaft, arrangierte Ehen und dass Fanny als unverheiratete Frau von Mitte 20 schon mal schief angesehen wird, sind einige Puzzlesteine dafür. Cousin Schlomo sorgt wieder für Theaterluft und künstlerische Freiheiten, die zu seinem Leidwesen bei der gutbürgerlichen Familie keinen Anklang finden.
In der Hörbuchversion war mir das Erzähltempo um einiges zu langsam und ich habe die Geschwindigkeit auf das 1,75fache hochgeschraubt. Wie gut, dass man das individuell einstellen kann, sonst hätte ich vielleicht die Geduld beim Zuhören verloren. Die Sprecherin Catharina Ballan brachte einen Hauch österreichisches Flair mit ihrer Aussprache hinein, allerdings war das eine oder andere Wort so betont, dass ich stutzte und mich fragte, ob das eine österreichische Besonderheit oder eine Exzentrik der Sprecherin war – dank einer österreichischen Muttersprachlerin weiß ich, dass beides vorkam. Zum Beispiel irritierte mich beim “Herrn Major”, dass die Betonung auf einem langgezogenen a lag, also Maaajor.
Ich empfehle, diese Serie auf jeden Fall in der richtigen Reihenfolge zu lesen, denn manche Handlungsteile bauen buch-übergreifend aufeinander auf und man hat mehr Spaß daran, wenn man die Vorgeschichte kennt. Wie im ersten Band auch, gibt es einen Cliffhanger und ein paar Elemente, die in der Zukunft noch eine Rolle spielen und zu Konflikten führen könnten. Ich kann mit dem vorläufigen Abschluss dieses Buches gut leben, aber es ist klar, dass die Geschichte noch nicht komplett zu Ende erzählt ist, sondern noch was kommt. Nämlich im September ein dritter Band, auf den ich mich schon sehr freue.
Mehr dazu:
Weitere Meinungen zum Buch:
Tintenhain
Die Serie in der richtigen Reihenfolge:
Wiener Blut
Goldene Rache
Donaunebel (erscheint 13.09.2022)
Werbung
Titel: Goldene Rache
Autor/in: René Anour
Sprecher/in: Catharina Ballan
ISBN / ASIN: B09M7J2TLX
Sprache: Deutsch
Genre: Historischer Krimi
Serie: Die Totenärztin #2
Verlag: Audiobuch
Erscheinungsjahr: 2021
Medium: Hörbuch, ungekürzte Lesung
Hördauer: 9 Stunden, 45 Minuten
Klappentext- und Bildquelle sowie Buchdetails: Audible