Traue keinem. Auch nicht dir selbst.
Darum geht’s:
Julia hat schon viele Jahre nicht mehr mit ihrer Schwester Nel gesprochen. Nun ist Nel tot, es sieht so aus, als habe sie sich das Leben genommen, indem sie vom Felsen in den “Drowning Pool” gesprungen ist. Julia muss sich um ihre Teenager-Nichte Lena kümmern, aber auch der “Drowning Pool” und Nels Buchprojekt darüber, dass dort schon mehr als eine Frau gestorben ist, lässt auch Julia nicht los.
So fand ich’s:
Das Buch lässt sich eher langsam an und ich hatte gewisse Startschwierigkeiten damit.
Viele Erzähler bekommen eine Stimme, manche berichten in der ersten Person, andere in der dritten Person und sie wechseln sich in schnellen Intervallen ab. Zwischendurch werden kurze Kapitel aus Nels Buchprojekt eingestreut, die das Schicksal der toten Frauen des “Drowning Pool” beleuchten.
Man muss sich nach und nach zusammenreimen, wer das ist, der gerade seine Sicht beisteuert, und wie der jenige mit den anderen Erzählern in Zusammenhang steht. Vor jedem Kapitel steht der Name des jeweiligen Erzählers, was die Orientierung erleichtert. Irgendwann habe ich mir eine Namensliste (unten angehängt) der wichtigsten Personen gemacht, die mir sehr geholfen hat. Anfangs erleben wir auch mal die selbe Szene aus unterschiedlicher Perspektive, wobei man nicht das Gefühl einer bloßen Wiederholung hat. Das ist geschickt gemacht und hat mir gefallen.
Am ehesten habe ich noch Julia, die am liebsten Jules genannt wird, als Protagonistin empfunden, aber tatsächlich stehen die vielen Erzähler relativ gleichwertig nebeneinander und dieses Konzept hat mir großen Spaß gemacht, nachdem die Anfangsschwierigkeiten erst mal überwunden waren. Die Personen sind alle sehr menschlich, es gibt keine Helden, sondern die meisten haben etwas zu verbergen, treffen falsche Entscheidungen oder scheitern an wichtigen Dingen. Und genau deswegen sind sie alle spannend zu beobachten.
Ich hatte aber das Gefühl, dass die Autorin sich nicht besonders viel Mühe damit gibt, den Leser gleich zu Anfang des Buches packen zu wollen. Sie präsentiert uns die Story in kleinen Häppchen und lässt die einzelnen Puzzlestücke ohne große Erklärung stehen. Mir fehlte für eine ganze Weile der letzte Kick, der mich begeisterte. Ich habe mich mit der Handlung treiben lassen und war neugierig, aber nicht fasziniert. Doch ich kann jedem nur empfehlen, durchzuhalten, wenn der Anfang des Buches ein bisschen lahm und wegen der vielen Erzähler verwirrend daher kommt. Mit der Zeit meint man, die Zusammenhänge zu durchschauen und bekommt doch immer neue Facetten und andere Blickwinkel vorgesetzt und das hat mich dann irgendwann richtig gepackt. Denn man lüftet Schicht um Schicht und schaut mehr und mehr hinter die Fassade. Auf ruhige Art und Weise hat mich die subtile Spannung des Buches doch irgendwann mitgerissen, so dass ich die zweite Hälfte des Buches am Stück verschlungen habe.
Insgesamt war der Anfang zwar etwas langatmig und verwirrend, aber nachdem sich die Irritation erst einmal gelegt hat, konnte mich der Rest des Buches mit einem subtilen psychologischen Verwirrspiel und seinen Charakterstudien doch überzeugen.
Mehr dazu:
Auf der Verlagsseite gibt es mehr infos zum Buch und zu Paula Hawkins, z. B. eine Grußbotschaft der Autorin an die deutschen Leser (auf englisch mit deutschen Untertieln) und eine kurze Lesung der Autorin (englisch).
Weitere Meinungen zum Buch gibt’s hier:
Kejas Blogbuch
Paper and Poetry
Thrillertante
Kathrineverdeen
Wichtige Personen im Buch:
Nel Abbott – ihr Tod löst die Handlung des Buches aus
Lena Abbott – Nels Tochter
Julia / Jules Abbott – Nels Schwester, Lenas Tante
Louise Whittaker – Mutter von Katie und Josh
Alec Whittaker – Louises Ehemann
Katie Whittaker – beste Freundin von Lena Abbott, verstorben
Josh Whittaker – Katies Bruder
Sean Townsend – Polizist
Helen Townsend – Schuldirektorin, Seans Ehefrau
Patrick Townsend – Seans Vater
Lauren Townsend – Seans Mutter, verstorben
Mark Henderson – Lehrer
Erin Morgan – Polizistin
Nickie Sage – Hellseherin
[Werbung] Klappentext- und Bildquelle sowie Buchdetails: Verlagsseite
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Ich habe das Buch ja gerne gelesen, weil es gut geschrieben und konstruiert ist. Die insgesamt elf Erzählperspektiven empfand ich zwar als leicht übertrieben, aber trotzdem gut umgesetzt.
Das einzige große Manko dieses Buches – mit dieser Meinung scheine ich in der Buchblogger-Welt aber relativ alleine zu stehen – war, dass ich die Handlung fast von vorne bis hinten absolut vorhersehbar fand!
Da scheinst Du die gleichen Gedankengänge wie die Autorin zu haben :-)
Ich fand nicht, dass z. B. die Auflösung um Nels Todesumstände schon von vorne herein bzw. recht früh fest stand und wurde auch ein paar Mal überrascht. Aber ich bin auch nicht besonders gut darin, Wendungen vorauszuahnen.
LG Gabi
Endlich, ich war sooo gespannt auf deine Meinung! :)
Oh wow, wenn ich schon den Wust an Personen sehe, bin ich froh, dass ich mich gegen das Buch entschieden habe.
Mir hat ja schon “Girl on the train” nicht gefallen. Da hat mir zu sehr die Spannung gefehlt und die ewigen Alkoholexzesse der Protagonistin fand ich irgendwann auch nur noch traurig und langweilig.
Deswegen habe ich von dem neuen Buch gleich die Finger gelassen. Was du schreibst klingt zwar ganz gut, ich bezweifle jedoch, dass mich das Buch auch so hätte mitreißen können. Bin da bei der Autorin jetzt einfach zu skeptisch.
Aber auf jeden Fall eine tolle Idee von dir, die Personen alle mit kurzer Beschreibung aufzulisten. Das ist bestimmt hilfreich für alle, die das Buch noch lesen werden.
Liebe Grüße, Julia
Das Buch gehört wie auch “Girl on the Train” eher zu den ruhigeren. Ich kann mir gut vorstellen, dass auch “Into the Water” die Leserschaft wieder spaltet und es viele nicht mögen werden, weil es doch speziell ist. Meinen Geschmack trifft Paula Hawkins irgendwie schon.
LG Gabi
Hach ich wuuuusste es … WuLi! Auch wenn ich es bei diesem Genre nicht ansprechend finde das man Durchhaltevermögen benötigt, aber ich liebe anfängliche Verwirrungen, die beim lesen entflochten werden. Auch “Girl on the train” reizt mich sehr von der Autorin – sie spaltet ja etwas die Leserschaft, aber genau dann werde ich ja neugierig ;)
Kann mich den Worten von Julia bezüglich der verschiedenen Charaktere nur anschließen!
Hab einen feinen Tag!
Mir gefallen ja beide Bücher von Paula Hawkins, aber ich sehe auch, wieso viele ihre Art zu erzählen nicht mögen. Sie wird oft mit Gillian Flynn verglichen, wie ich finde zu Recht, und deren Bücher mag ich auch :-)
Ich hoffe. Du hast auch viel Spaß mit “Into the Water”
LG Gabi
Na wenn du Gillian Flynn mit anbringst muss ich ihre Bücher lesen – ich liebe Flynn ;)
Nur irgendwie kommt nichts neues von ihr :(
Liebe Janna,
ja, da hast Du recht, dass von Gillian Flynn schon ne Weile kein neues Buch mehr erschienen ist. Aber lieber warte ich ne Weile länger als dass ich irgendwas Aufgewärmtes oder Halbherziges lesen muss. Die Bücher von ihr, die bisher veröffentlicht wurden, fand ich alle gut.
Hab einen schönen Sonntag,
LG Gabi
Hey :)
Also erstens mal: Kompliment zum neuen Header! Den habe ich heute erst entdeckt :)
Zweitens: Ich habe den Eindruck, dass das Buch dich über weite Strecken nicht so richtig packen konnte, oder? “Begeistert” klingt jedenfalls anders für mich … Aber gut, mittlerweile ist es bei uns in der Bib erhältlich, jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis ich selbst mal reinlesen kann.
Liebe Grüße
Ascari
Den Header gibt es auch erst seit gesteern abend, die liebe Nisnis hat gezeichnet und ich hab’s dann an den Blog angepasst. Und ich bin auch sehr glücklich mit dem Ergebnis :-)
Ich hab das Buch gern gelesen, aber es hat mich eine ganze Zeit lang nicht so gefesselt, dass ich den Drang hatte, unedingt dranbleiben zu müssen. Aber ich hatte auch nicht das Bedürfnis, lieber nach einem anderen Buch zu greifen.
Man muss den Buch wirklich eine Chance geben, sich zu entwickeln. Bin gespannt, was Du dazu sagst.
LG Gabi
Hey, zu dem Header wollte ich auch schon was sagen. Aber dann dachte ich, er wäre mir nur vorher nicht aufgefallen und dann wäre es voll peinlich geworden.
Anscheinend bin ich aber doch nicht so unachtsam, wie ich dachte. Also jetzt aber, genug rumgelabert: einen sehr schönen neuen Header hast du da! Gefällt mir sehr gut. Und Kompliment auch an Nisnis fürs Zeichnen. Ist echt toll geworden. :)
Liebe Gabi,
Into the Water ist ein intelligentes Spiel der Perspektiven, aber ich war es zwischendurch sehr satt, unermüdlich Zusammenhänge erraten zu müssen. Ich habe nichts gegen volle Konzentration beim lesen, aber es war mühselig andauernd zu spekulieren und dazu die Längen zu akzeptieren.
Ich habe dieses Buch als interessant abgehakt, kann es aber nur eingeschränkt empfehlen.
Viele liebe Grüße
Nisnis
Du bringst es gut auf den Punkt, dass man wirklich “Zusammenhänge erraten” musste und entweder hat man seinen Spaß daran oder es nervt einen.
Als Abwechlsung zum klassischen Thriller-Schema mag ich so etwas auch mal ganz gerne.
LG Gabi