Von Elisabeth Herrmann habe ich die beiden Bücher mit der jungen Polizistin Sanela Beara gelesen und auch Rechtsanwalt Vernau ist mir nicht unbekannt, doch mit ihrer Tatortreinigerin Judith Kepler habe ich bisher keine literarische Bekanntschaft geschlossen. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, dass Elisabeth Herrmann im Rahmen der Literaturtage Lauf las und ich mir dort einen ersten Eindruck dieser Serie verschaffen konnte. Elisabeth Herrmann selbst durfte ich ja schon 2014 live erleben (zum damaligen Lesungsbericht geht es hier), als sie zur Criminale in Nürnberg zu Gast war.
Vorgestellt wurde Elisabeth Herrmann von einem freundlichen Herren, der sich selbst leider nicht vorstellte, so dass ich auch nicht sagen kann, wer das war. Schade eigentlich. Vielleicht war er den Laufer Insidern bekannt, aber da ich nicht aus dem Ort bin und auch keine anderen Veranstaltungen der Laufer Literaturtage besucht habe, ist mir leider entgangen, um wen es sich handelte.
Die wichtigsten Informationen aus der Vorstellung Elisabeth Herrmanns kann man auch der enstprechenden Rubrik auf der Seite der Literaurtage Lauf entnehmen.
Elisabeth Herrmann zeigte sich begeistert von den zahlreichen Zuhörern, denn die Bertleinaula war gut gefüllt (ich kann schlecht schätzen, aber es könnten schon 500 Menschen gewesen sein). Sie kennt natürlich auch Lesungen in Buchhanldungen in viel kleinerem Rahmen und erzählte von einer Veranstaltung, bei der mitten in der Lesung lautes Schnarchen zu hören war. In der Pause hatte sie aber nicht das Gefühl, dass da jemand besonders verschlafen wirkte. Später stellte sich heraus, dass der Schnarcher ein Hund war :-) Damit hatte sie die Lacher auf ihrer Seite und das komplette Publikum sowieso, das sich über ihre augenzwinkernde Empörung amüsierte.
Mit ein paar erklärenden Sätzen als Überleitung las sie 4 Passagen aus ihrem aktuellen Buch “Stimme der Toten”.
Normalerweise ist es verpönt, aus dem Ende eines Buches zu lesen, doch bei “Stimme der Toten” gibt es eine Besonderheit, denn das Buch startet mit dem Ende des Vorgängerbandes “Zeugin der Toten”. Diese besondere Art von Überleitung ist umso bemerkenswerter, weil die beiden Bücher mit Heldin Judith Kepler bei unterschiedlichen Verlagen erschienen sind. Und so bekamen wir als erste Passage der Lesung das Ende von “Zeugin der Toten” und den Prolog von “Stimme der Toten” in einem zu hören.
Die weiteren gelesenen Passagen stimmten uns ein auf die Person der Tatortreinigerin Judith Kepler, die in der DDR im Heim groß geworden ist und deren Familienschicksal auch heute noch nachwirkt. Sie scheint mir eine vielschichtige und interessante Person zu sein, deren Leben alles andere als geradlinig verlaufen ist und ich bin neugierig auf sie geworden. Als sie einen Tatort in einer Bank reinigen muss, wird sie dann auch noch in einen spannenden Kriminalfall verwickelt.
Elisabeth Herrmann las mit verschiedenen Stimmen, gestenreich und lebendig und es machte Spaß, ihr ungefähr eine Stunde lang zuzuhören. Danach durfte das Publikum Fragen stellen, was auch fast eine halbe Stunde lang ausgiebig genutzt wurde.
So erfuhr man beispielsweise, dass es für Judith Kepler keine reale Person als Vorlage gibt, was bei anderen Romanfiguren Elisabeth Herrmanns schon mal der Fall sein kann. Sie verwendet aber sehr viel Zeit auf die Recherche, damit ein runder, lebendiger Charakter entsteht und auch wenn die Handlung erfunden ist, muss sie genau so wie im Roman tatsächlich möglich gewesen sein – die Fakten müssen stimmen.
Judith Keplers Geschichte war von Anfang an als Trilogie geplant, aber bis ins Detail sind Elisabeth Herrmanns Bücher vorher selten ausgearbeitet. Manchmal überrascht sie sich selbst damit, während des Schreibens doch noch jemand anderen als geplant als Mörder auszuwählen. Die sieben Jahre Pause zwischen “Zeugin der Toten” und “Stimme der Toten” stammten daher, dass sie nach dem ersten Band den Verlag gewechselt habe und Goldmann die Zusammenarbeit lieber mit einem neuen Projekt als mit Band 2 einer Reihe starten wollte. Doch auf den dritten Band müssten die Leser nun nicht nochmal sieben Jahre warten.
Im Gegensatz zu den Lesern, die sich manchmal zum Ende des Buches am liebsten gar nicht von einer literarischen Figur verabschieden wollen, würde Elisabeth Herrmann das zwar als Leserin auch manchmal so gehen, als Autorin wäre sie von dem Kraftakt es Schreibens aber so erschöpft, dass sie froh sei, wenn ein Buch zu Ende geschrieben ist.
Mit den Verfilmungen ihrer Bücher ist sie nicht immer glücklich. Am liebsten sind ihr die Filme, zu denen sie selbst die Drehbücher schreiben kann und die Regisseure sich auch so weit wie möglich daran halten, denn sie legt viel Wert darauf, dass in den Dialogen der Humor und die besondere Art und Weise ihrer Figuren so authentisch wie möglich rüberkommt.
Die etwa 90-minütige Veranstaltung hat mir richtig gut gefallen und nun stehen auch die beiden Bücher mit Judith Kepler auf meiner Leseliste.
Nach der Veranstaltung konnte man sich noch ihre Bücher signieren lassen.
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Hach ich liebe deine Lesungsberichte! Du schreibst immer so schon ausführlich und detailliert, sodas man sehr gut an deinem Abend teilhaben kann. Ich habe bislang noch keines ihrer Bücher gelesen (oder?? ohjee) und sie scheint die Lesungen sehr gut zu machen – wenn Autoren nicht nur lesen, sondern der Geschichte wirklich Leben einhauchen durch ihre Stimmlagen bin ich immer hin und weg.
Hab einen wundervollen Samstag!
Wenn Du Krimiverfilmungen schaust, dann hast Du vielleicht eine Verfilmung von ihr schon gesehen. Ihren Rechtsanwalt Vernau verkörpert Jan Josef Liefers.
Ja, sie liest mit viel Pathos und legt richtige Schauspieleinlagen hin, wenn sie aus ihren Büchern liest. Ich liebe das immer sehr, wenn ein Autor das kann!
LG Gabi