Payback von John Inman

Darum geht’s:

Tyler und Spence sind ein glückliches Paar. Der Überfall im abendlichen Park kommt aus dem Nichts und endet mit einem schwer verletzten Tyler im Krankenhaus und der Erkenntnis, dass sein Liebster Spence nicht mehr lebt. Das katapultiert Tyler aus seinem bürgerlichen Leben in eine Spirale von Rachefantasien und Verzweiflung. Nur Chris, der ermittelnde Polizist, scheint der einzige Licht blick in Tylers Leben zu sein.

So fand ich’s:

Dieses Buch startet mit einer perfekten, tiefen Liebe zwischen Tyler und Spence, festen Vorstellungen, wie die gemeinsame Zukunft aussehen soll und Plänen für Familienzuwachs. Doch recht schnell wirft es Tyler und mit ihm auch den Leser von einem Ende der Gefühls-Skala zum anderen, als Spence einem brutalen Hass-Verbrechen zum Opfer fällt und auch Tyler dabei schwer verletzt wird. Diese Gefühlsachterbahn trifft einen wie ein Schlag ins Gesicht, denn John Inman versteht es, Tylers Gefühle in all seinen Facetten sehr lebendig und greifbar zu machen.

Doch dann trifft Tyler auf Chris, den Polizisten, der in seinem Fall ermittelt und der Tyler nicht nur Hoffnung darauf macht, die Verbrecher zu finden, sondern zu dem Tyler auch eine zögerliche Bindung aufbaut. Denn Chris hat Erfahrung mit Menschen in Tylers Situation und weiß, wie er sich verhalten soll. Er lässt Tyler Zeit, drängt ihn zu nichts und ist einfach für ihn da. Chris war für mich ein Charakter, dessen Verhalten und Gefühlsleben ich gut nachvollziehen konnte, obwohl Tyler der Ich-Erzähler in diesem Buch ist.

Mit Tylers Gefühlswelt hatte ich allerdings ein bisschen Probleme. Nicht, dass seine heftigen Emotionen, seine Verwirrung, Aggression und seine Verzweiflung nicht sehr deutlich geschildert und auch für mich nachvollziehbar gewesen wären, denn das waren sie sehr wohl. Mir ist klar, dass man auch schon ein halbes Jahr nach dem Verlust seines geliebten Partners wieder offen für eine neue Beziehung sein kann, auch wenn die verlorene Liebe sehr plötzlich und durch einen Gewaltakt endete. Mir ist auch klar, dass es einem passieren kann, dass man in einer Gedankenschleife aus Wut und Rache gefangen gehalten wird und nicht wieder in ein positives, nach vorne schauendes Leben zurückfindet, wenn einem die Liebe seines Lebens durch ein brutales Verbrechen geraubt wird. Was ich nicht ganz nachvollziehen kann ist, wie man diese beiden Gefühlszustände mehr oder weniger gleichzeitig durchmachen kann.

Außerdem kann ich nicht alles gutheißen, was Tyler getan hat. Und wer das Buch gelesen hat, wird ganz genau wissen, was ich meine. Ich hatte damit zu kämpfen, was Tyler getan hat und wie dieser Aspekt endete. Weil ich nicht spoilern will, werde ich es nicht näher ausführen. Aber soviel sei gesagt: Es war verständlich und nur allzu menschlich, was da passiert ist und wie die Beteiligten damit umgegangen sind. Ich persönlich fand es nicht in Ordnung und auch nicht durch die Umstände, weder auf Täter- noch auf Opferseite, zu entschuldigen oder auch nur abzumildern. Aber als Schilderung, wie so etwas ablaufen kann und auch wie die Beteiligten dabei fühlen und damit klar kommen, fand ich es absolut nah am wirklichen Leben.

So bleibt mir als Fazit die Begeisterung für Inmans eindringlichen Schreibstil, der mich dazu bringt, auch nach anderen Büchern dieses Autors Ausschau zu halten. Die Lovestory zwischen Tyler und Chris war sehr schön zu lesen, emotional, zögerlich und zärtlich und sehr passend für den psychisch angeschlagenen Tyler und den bodenständigen Chris. Gedämpft wird meine Begeisterung aber durch diesen für mich nicht immer nachvollziehbaren emotionalen Spagat Tylers zwischen einem Festhängen in der Vergangenheit, seinen Rachegedanken und seiner neuen Liebe zu Chris, in die er sich zuerst zögerlich, aber dann sehr schnell mit allem, was er hat, hineinstürzt. Und mit der moralischen Bankrotterklärung aus einer emotionalen Notlage heraus, mit der ich alles andere als glücklich war.

Vielleicht war die Konstellation und der Ablauf der Handlung in diesem emotionsgeladenen Buch nicht hundert Prozent nach meinem persönlichen Geschmack, aber John Inman ist trotzdem eine Neuentdeckung, von dem ich gerne weitere Bücher lesen werde.


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