Darum geht’s:
Jimmy hat keinen festen Wohnsitz, sondern hat sich sein Leben lang heimatlos durch die USA treiben lassen, nimmt Aushilfsjobs an oder schläft unter der Brücke. Als er dem alten Tom begegnet, der offensichtlich genauso lebt wie er, nimmt er ihn aus Mitleid in seiner Rostlaube mit. Tom erzählt, dass er auf dem Weg zu seinem Sohn ist, den er seit Jahrzehnten nicht gesehen hat, um sich mit ihm auszusprechen. Als Tom im Schlaf in Jimmys Auto stirbt, fühlt Jimmy sich verpflichtet, Toms Brief an seinen Sohn Shane persönlich abzuliefern. Doch obwohl er das gar nicht vor hat, bleibt Jimmy länger, denn der Ort Rattlesnake und der attraktive Barmann Shane lassen ihn nicht mehr los.
So fand ich’s:
Jimmy ist desillusioniert, was das Leben auf der Straße angeht. Er lebt am absoluten Minimum, reist fast ohne Gepäck und musste schon mehr als einmal mit dem auskommen, was er am Leibe trägt, weil ihm der Rest gestohlen wurde. Dass Barmann Shane hinkt und Narben im Gesicht hat, mindert seine Attraktivität für Jimmy überhaupt nicht. Shane besorgt Jimmy einen Job und ein Zimmer, schenkt ihm sein strahlendes Lächeln und lädt ihn in sein Bett ein – und Jimmy verschiebt seine Weiterrreise um einen Tag. Und noch einen. Und noch einen.
Wenn ich entscheiden müsste, wer von beiden es im Leben schlechter getroffen hat, müsste ich bei Shane und Jimmy schon eine Weile darüber nachdenken. Beide sind keine ganz jungen Männer mehr, Shane ist Anfang 30, Jimmy etwa 10 Jahre älter. Jimmy ist gesund, handwerklich geschickt, erzählt bunte und spannende Anekdoten und scheint ganz gut über die Runden zu kommen, doch er ist immer alleine und in seinem Leben ist kein Spielraum für Fehler oder Pech, denn er lebt am Rande des Existenzminimums. Shane hat körperliche und kognitive Einschränkungen, musste seinen Traumberuf als Cowboy aufgeben, und muss darum kämpfen, überhaupt selbstständig zu leben. Er schleppt eine große Schuld mit sich herum. Doch um ihn herum ist eine große, herzliche Gemeinschaft, die sich kümmert und um ihn sorgt und in deren Mitte er willkommen ist.
In der ehemaligen Goldgräberstadt Rattlesnake lernen sie sich kennen und dieser Schauplatz hat schon alleine eine gewisse Zwiegespaltenheit. Abgelegen, ländlich, mit wenig Abwechslung und überhaupt keiner Anonymität, aber mit viel Atmosphäre und Historie und einer bunten Schar von sympathischen Bewohnern. Jimmy erliegt der Verlockung von Rattlesnakes gemütlicher Provinzialität und vor allen Dingen Shanes freundlichem Charme. Doch Jimmy ist ein ruheloser Geist und ihm ist klar, dass er bei Shane nicht mehr hoch im Kurs stehen wird, sobald der merkt, dass hinter Jimmys Fassade nicht viel steckt.
Über der atmosphärischen Geschichte liegt eine gewisse Melancholie und Traurigkeit. Doch die Beziehung, die sich zwischen Jimmy und Shane entwickelt, ist geprägt von Zärtlichkeit und Behaglichkeit, Fürsorge und dem Akzeptieren der Unzulänglichkeiten des anderen. Und auf ihre leise, unaufdringliche Art haben sich die beiden auch in mein Herz geschlichen.
Und wieder einmal hat Kim Fielding bewiesen, dass sie zu Recht zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen zählt und mir eine neue Lieblingsgeschichte beschert.
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Gaylesen
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Herzlichen Dank an Dreamspinner Press für das Rezensionsexemplar
Kommt gleich auf meine WuLi
Kim Fielding hat so einiges geschrieben, was mich begeistert. Bei der Autorin kann man sich allgemein mal umsehen <3
LG Gabi