Neanderthal von Jens Lubbadeh

Darum geht’s:

In naher Zukunft hat sich die Wissenschaft in Deutschland weiterentwickelt und das Leben der Durchschnittsbürger verändert. Krankheiten und Behinderungen werden bereits vor der Geburt durch einen Eingriff ins Erbgut behoben. Fitness, Gesundheit und Glück sind die Werte, die mit allen Mitteln angestrebt werden und die Krankenkasse fördert und kontrolliert seine Bevölkerung in ihren Bemühungen darum. Umso unerklärlicher ist es, dass man die Leiche eines Mannes findet, die anders aussieht als gewöhnlich. War er behindert? Die hinzugezogenen Anthropologen haben eine Vermutung, die sie zu einem Massengrab ins Neandertal führt.

So fand ich’s:

Einerseits wird der Mensch schon vor der Geburt “optimiert” und ungesunder Lebensstil ist verpönt, andererseits ist die “große Depression”, ein nicht behandelbarer und schwerer Verlauf der Depression, auf dem Vormarsch und beraubt besonders die Jugend jeder Lebensqualität. Und dann tauchen Hinweise darauf auf, dass Neandertaler vor wenigen Jahren erst im Neandertal beerdigt wurden, obwohl es eigentlich nicht sein kann, dass vor kurzem noch Neandertaler in Deutschland lebten. Als die beiden Anthropologen Max Stiller und Sarah Weiss die Spur der neuen Neandertaler verfolgen, bekommen sie relativ schnell Probleme von höchster politischer Seite – man macht Jagd auf sie, um sie mundtot zu machen.

Das Buch startet als Krimi, doch aus der anfänglichen Mordermittlung verschiebt sich die Handlung schnell in Richtung wissenschaftlicher Dystopie. Der Kriminalfall ist nur der Aufhänger für einen weitaus größeren Skandal, der durch die aufgefundene ungewöhnliche Leiche erst entdeckt wird. Deshalb tritt Ermittler Nix auch bald in den Hintergrund und die beiden Wissenschaftler Stiller und Weiss übernehmen hauptsächlich die Erzählung. Sarah Weiss empfindet sich selbst als “Mutante”, da sie gewisse körperliche Besonderheiten aufweist, die sie von der Masse abheben. Und Max Stiller ist gehörlos, was ihn in einer Zeit, in der alle Menschen optimiert sind, wie einen bunten Hund hervorstechen lässt. Schon alleine die Reaktionen der Menschen auf diese Besonderheiten waren spannend zu beobachten.

Die Zukunftsvision, die Lubbadeh uns aufzeigt, empfand ich als realistisch und möglich, wenn auch ziemlich bedrückend, denn Machtstreben und unkontrollierbare Wissenschaftler ergeben zu allen Zeiten eine schlimme Kombination. Die Erzählung war in weiten Teilen eher ruhig, durchsetzt mit Informationen und Szenarien von Lubbadehs Vorstellung einer möglichen nahen Zukunft. Erfreulicherweise wurde es aber niemals zu wissenschaftlich, sondern man bleibt bei griffigen, leicht verständlichen Erläuterungen der Dinge, die Stiller und Weiss nach und nach ans Licht bringen. Es wird uns gezeigt, wie es im zukünftigen Deutschland zugeht, und man bekommt auch eine praktische Vorstellung davon, wenn man den Personen über die Schulter schaut. Auch wenn es zwischendurch immer mal Action, Verfolgungsjagden und durchaus spannende Szenen gab, überzeugte mich der eher sachliche Erzählstil, die lebensnahen Charaktere und die Themen, die hier behandelt werden.

Ein typischer Thriller ist das nicht. Eher ein dystopischer Roman mit wissenschaftlichen und politischen Verwicklungen, der es geschafft hat, mich von Anfang bis Ende bei der Stange zu halten und der auch für die Entwicklungen der Gegenwart einige Ansätze liefert, über die man nachdenken sollte.

Mehr dazu:

Es gibt ein kostenloses Prequel mit dem Titel “Das Neanderthal-Projekt” – Mehr Infos dazu gibt es auf der Verlagsseite.

Ich finde allerdings, dass dieses Prequel, das eigentlich als Teaser zum Lesen vor dem Roman gedacht ist, schon zu viel vom Hintergrund der Romangeschichte verrät, allerdings keine neuen oder zusätzlichen Informationen bereithält. Ich habe es nach dem Roman gelesen und als nette Ergänzung empfunden. Auch wenn es die Vorgeschichte zum Roman erzählt, finde ich es als Lektüre nach dem Roman besser platziert.

Weitere Meinungen zum Buch gibt’s hier:
Nisnis Bücherliebe
Buchwelten
Hundertmorgewald
Thrillertante


[Werbung] Klappentext- und Bildquelle sowie Buchdetails: Verlagsseite
Herzlichen Dank an den Verlag und das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar

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Wie auch bei Anja schon geschrieben, ich verstehe die Zuordnung manchmal wirklich nicht! Diese Genreschublafden, sollte man genau wie die Bewertungen lassen. Warum nicht drauf schreiben Dystopie (Roman) oder ähnliches?!

Auch deine Besprechung macht mich neugierig auf das Buch, welches dank dir und Anja nun oben auf meiner Wunschliste steht (=

6 Jahre her

Hey Gabi,

Schon die zweite gute Rezension, die ich zu dem Buch lesen. Ich würde es schon als Thriller sehen, aber eben ein Wissenschaftsthriller. Das sind die einzigen Thriller, die ich überhaupt lese. :D Bei Dan Brown steht auf dem Cover auch (fast) immer Thriller drauf und ich denke, die meisten würden das auch nicht als einen typischen Thriller ansehen. Ich denke dabei immer als erstes an Serienmörder und komische Ermittler…
Ich habe aber auch schon eine sehr negative Rezension zum Buch gelesen. Ich glaube, da wurde das Buch sogar abgebrochen, weil total unrealistisch. Schon spannend zu lesen wie unterschiedlich ein Buch aufgenommen wird.

LG, Moni