Darum geht's:
Im Berliner Dom wird eine auffällig drapierte Tote gefunden. Oberkommissar Tom Babylon vom LKA Berlin drängt sich in die Ermittlungen, denn er erkennt schnell, dass dieser Mord etwas mit seiner eigenen Vergangenheit zu tun hat. Die ermordete Dompfarrerin trägt einen Schlüssel um den Hals, der dem Schlüssel zum Verwechseln ähnlich sieht, mit dem Toms Schwester Viola vor fast 20 Jahren verschwunden ist.
So fand ich's:
Dieses Buch lässt mich ein bisschen zwiegespalten zurück. Denn die Grundidee war gut, der Autor hat sie gekonnt und routiniert umgesetzt und es gab so einige Spannungsmomente und Rätselfragen, die mich von Anfang bis zum Ende bei der Stange gehalten und zum interessierten Weiterlesen animiert haben. Doch es gab auch ein paar wichtige Dinge, die mir nicht so gut gefallen haben.
Einige kleinere Nebenhandlungen verliefen im Sande und leider wurde auch ein Teil des Haupterzählstranges nicht aufgeklärt. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass dieser Krimi nicht wirklich komplett abgeschlossen ist. Möglicherweise wird sich das noch offene Thema über die ganze Serie hinziehen, das kann ich als Leser nach Band 1 natürlich noch nicht sagen. Das muss man mögen und sollte sich darauf einstellen. Ich mag derart offene Enden meistens nicht und hätte ich es gewusst, dann hätte ich dieses Buch erst später gelesen, wenn die Fortsetzung(en) verfügbar sind.
Der Haupterzähler Tom ist zwar eigentlich Polizist, aber davon merkt man nicht immer was. Von Teamwork hält er nichts, denn er teilt seine Erkenntnisse nur, wenn er sich Vorteile davon verspricht und setzt seine Kollegen auch bevorzugt für nicht-offizielle Hilfeleistungen für ihn persönlich ein. Anweisungen befolgt er grundsätzlich nicht und überhaupt tritt er eher wie eine Mischung aus Wild-West-Sheriff und Robin Hood auf, was mir nicht wirklich gut gefallen hat. Aufgrund seiner persönlichen Verwicklung in diesen Fall nimmt er sich Dinge heraus, die man so als Polizist einfach nicht machen kann (z. B. mit einer illegal beschafften Waffe unklaren Ursprungs zu halb-dienstlichen Ermittlungen loszuziehen). Diese wildgewordenen Egotrips haben mir Tom nicht wirklich sympathisch werden lassen und ich bin mit ihm nicht richtig warm geworden.
Widerwillig muss er die Psychologin Sita Johanns an seiner Seite akzeptieren. Deren Name hat mich immer an Catherine Zeta-Jones erinnert und mich mächtig irritiert. Zu blöd, aber aus dieser Gedankenschleife bin ich nicht herausgekommen. Aus ihrer Vergangenheit bleiben große Teile im Dunkeln. Sie wirkte zwar wesentlich sympathischer auf mich als Tom, denn sie ist überlegt, empathisch, clever und mutig, aber es war auch offensichtlich, dass sie ihre Geheimnisse mit sich herumträgt, von denen wir außer sehr vagen Andeutungen und den Folgen (Narben, Perrücke) nichts erfahren haben. Auch hier scheint noch viel für weitere Bände aufgespart worden zu sein.
Die Handlung ist komplex, verschiedene Handlungsstränge auf zwei Zeitebenen mehrfach miteinander verschachtelt und es gibt eine Vielzahl von Beteiligten. Ab und zu hab ich mal den Überblick verloren und musste nachdenken, wer diese Person gleich nochmal war oder wie sie in das Bild dieses mehrschichtigen Kriminalfalles passte. Zu meiner Verwirrung beigetragen hat sicher auch die Art des Autors, einen nur sehr spärlich mit Informationen zum selbst zusammenpuzzeln zu versorgen. Das mag für viele sicher ein weiteres Spannungselement sein - mich hat es leider nur verwirrt und irgendwann genervt.
Letztendlich war für mich persönlich dann auch zu oft der Zufall am Werk. Ohne dass ich hier ins Detail gehen und zu viel vom Inhalt verraten will, fand ich mehr als einmal, dass das Aufeinandertreffen genau dieser Personen zu genau der passenden Zeit in der Millionenstadt Berlin erforderlich war, um diese Handlungsentwicklung möglich zu machen und das kam mir dann doch sehr unwahrscheinlich vor.
Gut gefallen hat mir das Spiel mit Berlin-Ost und West zu Zeiten der Wende, den Personen mit DDR-Jugend und der Verquickung von Stasi-Machenschaften und dem, was von den Folgen auch heute noch spürbar ist. Genug Spannung war auf jeden Fall vorhanden, die sich sowohl aus dem rätselhaften Fall als auch aus so manchen fesselnden Szenen speiste. Schade, dass mich dieses Buch über ein durchschnittliches Lesevergnügen hinaus nicht beeindrucken konnte.
Nachdem schon "Der Schock" vom selben Autor offensichtlich keinen großen Eindruck bei mir hinterlassen hat, muss ich wohl einsehen, dass der Autor und ich nicht wirklich kompatibel sind. Wie schade, dass ich vor viereinhalb Jahren meine Rezension zu "Der Schock" so kurz gefasst habe. Man lernt doch auch als Rezensionsschreiber dazu und nach so langer Zeit wüsste ich doch gerne ein bisschen mehr darüber, wie ich das Buch damals empfunden habe.
Mehr dazu:
Weitere (viel positivere als meine) Meinungen zum Buch gibt's hier:
Anjas Buchstunden
Trinas Bücherwelt
Der Büchernarr
Herzlichen Dank an Netgalley und den Verlag für das Rezensionsexemplar
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Titel: Schlüssel 17
Autor: Marc Raabe
Sprache: deutsch
Genre: Thriller
Serie: Tom Babylon #1
Verlag: Ullstein
Erscheinungsjahr: 2018
Medium: eBook
Seitenzahl: 512
Klappentext- und Bildquelle sowie Buchdetails: Verlagsseite
Dieses Buch steht auch auf meiner erweiterten Wunschliste, ich habe allerdings nun auch schon mehrere kritische Stimmen zum Buch gesehen und bin daher ein wenig unschlüssig, ob ich mir nun auch noch diese Reihe “aufhalsen” soll :D
Von Marc Raabe habe ich vor Jahren mal “Schnitt” gelesen und fand es damals auch ganz gut, vielleicht versuche ich es einfach vorher nochmal mit einem weiteren Standalone von ihm bevor ich mich auf die Reihe einlasse – ich tue mich nämlich immer sehr schwer damit, angefangene Reihen abzubrechen :D
Ich mag es auch sehr ungern, eine Serie aufzugeben. Vielleicht bringt es was, “Schlüssel 17” erst zu lesen, wenn die Fortsetzung verfügbar ist und beides nacheinander zu lesen. Dass was offen bleibt und sich ein Erzählstrang über mehrere Folgen einer Reihe zieht, muss ja nicht immer schlecht sein. Aber hier hat’s mich gestört.
LG Gabi
Hallo Gabi, stimmt, ich habe es ein halboffenes Ende genannt ;) Klar, ein paar Infos zu den offenen Handlungsenden wären schön gewesen, dennoch fand ich das Buch durchweg gut und empfehlenswert.
Viele Grüße
Der Büchernarr Frank
Ein halboffenes Ende trifft es ziemlich gut. Manchmal mag ich das auch ganz gerne, aber hier hat es mich leider gestört. Freut mich, dass das Buch Deinen Lesegeschmack besser getroffen hat.
LG Gabi
Moin,
ich bin über das #litnetzwerk auf Deinen schönen Blog gestoßen – und ich muss sagen, es gefällt mir richtig gut hier! Folge Dir nun auf Facebook, Twitter und WordPress!
Auf das Buch war ich auch schon neugierig… Danke für Deine tolle Rezension. Ich glaube, ich gebe ihm eine Chance!
Ich wünsche Dir noch einen wunderschönen Sonntag und morgen einen guten Wochenstart!
Herzliche Grüße von meinem Lieblingsleseplatz,
Verena
Hallo Verena,
freut mich, dass Dir mein Blog gefällt :-)
Und ich wünsche Dir viel spannendes Lesevergnügen mit dem Geheimnis um “Schlüssel 17”.
LG Gabi
Hallo Gabi,
dieses Buch ist mir in der letzten Zeit öfter begegnet und ich bin mir unsicher, ob ich es lesen werde. Das ist schade, dass manche Nebenhandlungen im Sande verlaufen und alles nicht richtig abgeschlossen ist, auch wenn es der erste Band einer Reihe ist. Ich überlege noch. Vielen Dank für deine ausführliche Rezension. :)
Liebe Grüße
Nicole
Hallo Nicole,
es gab auch Stimmen, die nur begeistert waren und die meine Kritikpunkte nicht als störend empfunden haben. Ich mag es eben sehr gern, wenn sich alles schlüssig fügt und auch alle Fäden am Ende verknüpft sind und alles aufgeklärt ist. Wen ein teilweise offenes Ende nicht stört, hat wohl viel mehr Spaß an diesem Buch als ich.
LG Gabi