Strandkorb mit Rüschengardinen von Gerrit Jan Appel

Darum geht’s:

Das Geld ist knapp, aber die Lust auf Urlaub groß. Deshalb geht der erste gemeinsame Urlaub von Gerrit und Uli im Jahr 2000 an die beschauliche Ostsee, um sich von Jobsuche, Familienfeier und ehrenamtlichem Einsatz für schwule Jugendliche zu erholen. Statt wilder Parties und Abenteuer hat das östliche Schleswig-Holstein in der Nebensaison aber doch eher Rentner, Selbstgebrannten und viel Ruhe zu bieten.

Der Text auf der Rückseite des Buches verspricht:

“Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen”, lautet ein altes Sprichwort. Wenn dabei noch verschiedene Welten aufeinander treffen, sind nicht alltägliche Situationen vorprogrammiert. Zwei junge Männer planen den ersten gemeinsamen Urlaub – allerdings nicht in einer der rosa Hochburgen wie Rhodos, Mykonos oder Ibiza, sondern in einem beschaulichen Seebad an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste. Wo sich im Mai, wenn blühender Raps das Küstenhinterland in strahlendes Goldgelb taucht, für gewöhnlich nur Rentner und Familien mit Kleinkindern tummeln, fallen zwei Männer ohne weiblichen Anhang natürlich auf wie der sprichwörtliche bunte Hund und es kommt zu den irrwitzigsten Begegnungen. Doch auch dank des ganz normalen Urlaubswahnsinns wie Irrwege durch eine fremde Stadt, verpasste Busanschlüsse im Niemandsland und defekte Vehikel für die Rückreise wird das junge Paar die drei Wochen Ferien vom Ich so schnell nicht vergessen…

So fand ich’s:

Titel und Text des rückwärtigen Covers ließen auf eine Urlaubsgeschichte schließen. Deshalb war ich anfangs ein bisschen irritiert, als es um den verlorenen Job, die Reha-Maßnahme, die Hochzeit der Schwester oder die große Schwulenparty ging und der Urlaub noch in weiter Ferne war.

Für meinen Geschmack wurde ein bisschen zu ausgiebig mit der Sprache gespielt, was die an sich bemerkenswerten Inhalte des ersten Drittels des Buches doch manchmal in den Hintergrund drängte. Die vergeblichen Bemühungen zum Beispiel, einen Jugendtreff auf die Beine zu stellen, der konstruktive Hilfe beim Coming Out verspricht und woran es im ländlichen Bereich schließlich scheiterte, haben jede Aufmerksamkeit und ein paar Gedanken dazu verdient.

Diese Alltagsgeschichten wurden zwar mit einem Augenzwinkern durchaus unterhaltsam erzählt, hatten aber erst einmal nicht viel mit dem zu tun, was ich erwartete.

Es dauerte lange, bis die Reise endlich los ging. Und auch dann hoffte ich vergeblich darauf, dass die verschiedenen Welten konservativer Rentner und gestresster Eltern von Kleinkindern auf witzig-heitere Art auf die junger Großstadt-Schwuler treffen. Die beiden Jungs fügten sich eigentlich sehr nahtlos in die biedere Urlaubsidylle ein und nahmen den Leser beigestert zu Ausflügen mit, die auch meiner Oma gefallen hätten. Mit den Einheimischen wurde kräftig Selbstgebrannter vernichtet und die Tatsache, dass ein Urlauberpärchen aus zwei Männern zu Gast war, wurde sehr selten überhaupt thematisiert. Als Fazit für mich stand da nicht wie erwartet „zwei Welten prallen aufeinander“, sondern eher „ob schwul oder nicht, unser Leben ist so oder so nicht besonders aufregend“.

Wer sich also von einem fröhlichen Einblick in Alltag und Ostseeurlaub eines jungen Paares, das zufällig aus zwei Männern besteht, auf nette Weise unterhalten lassen möchte, der ist hier gut aufgehoben.


[Werbung] Klappentext- und Bildquelle sowie Buchdetails: Homepage des Autors

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