Darum geht's:
Amanda möchte am Wohnort ihres Vaters einen Neuanfang machen, denn dort weiß niemand, dass sie als Andrew geboren wurde. In der örtlichen High School erlebt sie plötzlich ganz andere Dinge als früher - sie hat Freundinnen, ist beliebt und es gibt kein Mobbing oder körperliche Attacken mehr, wie sie das als Andrew erlebte. Und dann verliebt sie sich in Grant, einen der Sportstars der Schule.
So fand ich's:
Das Buch beleuchtet einen bestimmten Zeitabschnitt in Amandas Leben. Er beginnt damit, dass sie am Wohnort ihres Vaters als junge Frau einen Neuanfang macht. Niemand soll von ihrer Vergangenheit wissen. Wir Leser erfahren in kleinen Rückblenden auf wichtige Stationen aus ihrer Vergangenheit doch ein paar entscheidende Dinge, doch darauf liegt nicht der Schwerpunkt dieser Erzählung. Die sicher schwierige Phase der Geschlechtsangleichung hat Amanda schon hinter sich und diese Zeit wird nicht thematisiert. Amanda möchte nicht darüber reden und entsprechend sparsam ist sie auch dem Leser gegenüber mit Informationen. Und doch bestimmt diese Tatsache ihr Denken, ihre Unsicherheiten und ihr tägliches Leben.
Die Erzählung hat so etwas wie ein offenes Ende und bleibt damit absolut realistisch, denn auch im wirklichen Leben gibt es kein "und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende". Und doch hat Amanda sich weiter entwickelt und kann opimistisch in die Zukunft schauen. Das Buch ist ein Plädoyer dafür, dass es auf bestimmte anatomische Tatsachen nicht ankommt, um einen Menschen zu mögen.
Geschrieben ist es aus der Sicht Amandas. Sie erlebt einen typischen Teenageralltag, allerdings mit einer schwierigen Vergangenheit im Gepäck. Sie möchte am liebsten, dass ihre Vergangenheit nicht bekannt wird und da sie optisch eine hübsche und durch und durch weibliche junge Frau ist, fällt es ihr nicht schwer, sich in die Riege hübscher Mädchen einzureihen. Doch je näher sie ihren Freundinnen kommt, desto öfter überlegt sie, sich ihnen doch anzuvertrauen. Man ist sich aber auch der Tatsache bewusst, dass Amanda sich in einer sehr konservatigen Gegend des US-amerikanischen Südens bewegt und dort ihre Chancen auf aufgeschlossene Toleranz nicht unbedingt groß sind. Und als Grant, der sympathische Sonnyboy mit Familiensinn, die Szene betritt, wird es einerseits noch schwieriger, diesen wichtigen Aspekt ihrer Person für sich zu behalten, andererseits erlebt sie mit ihm eine wunderschöne Zeit der ersten Liebe, inclusive heftig flatternder Schmetterlinge.
Das Buch ist in nicht allzu anspruchsvoller Sprache geschrieben, lässt sich flott lesen, denn Amanda erzählt wie ein typischer Teenager - und genau das reißt einen auch mit, denn sie offenbart einem alles, ihr Glück, wenn sie sich amüsiert, die zarten Gefühle für Grant, aber auch ihre Ängste und Unsicherheiten.
Die Autorin Meredith Russo ist ebenfalls transsexuell und deshalb gelingt es ihr hervorragend, einem einen Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt von Amanda in ihrer besonderen Situation zu geben. Die leichte Lovestory in Kombination mit dem ernsten Thema Transsexualität aus Teenagersicht kann den Blick öffnen für das Thema und eine subjektive Beispielgeschichte aus erster Hand liefern. Mir persönlich fehlte die Zeit, als aus Andrew tatsächlich Amanda wurde, also die Phase der Geschlechtsangleichung. Darüber hätte ich gerne mehr erfahren. Denn so ganz stimmt der Titel nicht und wäre mit "Seit ich Amanda bin ..." vielleicht besser bezeichnet gewesen. Denn diese Zeit, in der Amanda als Amanda langsam zu sich und ihrer Rolle als junge Frau findet, hat das Buch wunderbar eingefangen.
Mehr dazu:
Weitere Meinungen zum Buch:
Wortgestalten
Sternenbrise
Kielfeder
Werbung
Titel: Als ich Amanda wurde
Original-Titel: If I was your Girl
Autor/in: Meredith Russo
Übersetzer/in: Barbara Lehnerer
ISBN / ASIN: 978-3-423-71749-6
Sprache: Deutsch
Genre: Jugendbuch
Verlag: dtv
Erscheinungsjahr: 2017
Medium: Taschenbuch
Seitenzahl: 304
Altersempfehlung: ab 14 Jahre
Klappentext- und Bildquelle sowie Buchdetails: Verlagsseite
Eine sehr schöne Rezension zu einem viel zu leisem Thema. Natürlich wird darüber gesprochen, geschrieben und Dokus im Tv ausgestrahlt und doch ist es noch lange nicht ausreichend! Besonders authentisch, wenn die Autorin selbst transsexual ist, aber fehlte nicht etwas beim lesen? Weil von dem Weg von Andrew zu Amanda so wenig erzählt wird?
Liebe Grüße!
Liebe Janna,
mir hat dieser Aspekt des Wandlungsprozesses schon gefehlt. Es wird zwar immer mal angedeutet, dass Amanda so einige Dinge nicht weiß, die Mädchen normalerweise wissen (z. B. das bei großer Oberweite ein Sport-BH angeraten ist), aber viel kommt in diese Richtung nicht. Das muss man sich dann wohl aus anderen Büchern holen, die während der Geschlechtsangleichung spielen (wüsste ich gerade aber keines). In “Als ich Amanda wurde” geht es mehr um den Neuanfang mit allen Unsicherheiten und Ängsten und das ist sehr gut umgesetzt.
GVrundsätzlich finde ich auch, dass Themen wie Transsexualität literarisch zu kurz kommen. Zum Glück gibt es aber ein paar Jugendbücher, die das sehr wohl thematisieren und durch die möchte ich mich so nach und nach durchlesen.
LG Gabi
Ich werde das Buch mal im Auge behalten! Natürlich schade wenn dieser Aspekt fehlt, aber auch dieser große Schritt des Neuanfangs ist nicht uninteressant.
hab einen mukkeligen Sonntag!
Ich denke, wenn man weiß, was auf einen zukommt und nicht mit falschen Erwartungen das Buch aufschlägt, dann ist es auf jeden Fall eine Bereicherung.
LG Gabi