Auf keinen Fall wir von Iris W. Maron

Darum geht's:

Bevor das Semester wieder startet, lässt der Archäologe David in einem Kölner Club nochmal die Sau raus. Die Nacht endet mit einem fantastischen One-Night-Stand mit Sven. Dass Sven kurz darauf genau in Davids Seminar in der kleinen Uni in der ersten Reihe sitzt, wirft David aus der Bahn. Denn entgegen seiner sonstigen Gewohnheit konnte er Sven nicht vergessen.

So fand ich's:

David ist extrem von sich selbst überzeugt. Er ist der beste Fang für alle schwulen Männer, sein Berufsfeld Archäologie beherrscht er perfekt und als Dozent fesselt und begeistert er seine Studenten viel mehr als alle anderen. David neigt dazu, schnell vernichtende Urteile über andere zu fällen und betrachtet die meisten Menschen von oben herab. Wie weit seine Selbsteinschätzung der Wahrheit entspricht, war mir nie ganz klar. Sicher ist er gut in seinem Job und sieht gut aus, aber ist sein Gefühl, sich so von allen anderen abzuheben, wirklich gerechtfertigt?

Fest steht, dass dieser selbstherrliche Wesenszug ihn mir anfangs ein bisschen unsympathisch machte. Ich klebte am Buch und beobachtete durchaus schadenfroh, dass ausgerechnet David, der dazu neigt, Menschen - und speziell Männer in Sachen Sex - zu benutzen und sie dann auszusortieren, Sven nicht aus seinem Kopf bekam. Und Sven blieb scheinbar cool und uninteressiert an David, der sich zunehmend damit quälte, Sven ständig über den Weg zu laufen.

Irgendwann wird aber deutlich, dass David kein schlechter Mensch ist und seine Gefühle, die er nicht kontrollieren kann, ihm höllische Angst machen. Er will Sven. Nicht nur im Bett, sondern auch in seinem Leben. Doch er hat Angst davor, sich verletzbar zu machen und stößt Sven weg. David versteht seine eigenen Gefühle nicht, denn das ist alles neu für ihn. Weil David selbst uns diese Geschichte erzählt, sind wir hautnah dabei und bekommen genau mit, was in ihm vorgeht. Seine geliebte Schwester erlebt gerade, dass Beziehungen scheitern und zu großem Kummer führen. Sie bestätigt dadurch Davids Lebensmotto, sich nicht auf Beziehungen einzulassen. Auf der anderen Seite ist da Sven, der der wunderschönste Mann und angenehme Gesellschaft ist und der Davids Gedanken vollkommen übernommen hat.

"Auf keinen Fall wir" ist flott lesbar und locker-flockig geschrieben, geht an den richtigen Stellen aber auch mal in die Tiefe. Es ist ein Wohlfühlbuch mit Happy End, das wunderbare Unterhaltung bietet. Für einen Debütroman (soweit ich weiß) ist das Buch erfreulich routiniert erzähl und liest sich absolut angenehm.

Eine Kleinigkeit ist mir nur aufgefallen: Alle scheinen in ihren Wohnungen "Vorzimmer" zu haben. Ich kenne Vorzimmer nur als Büro der deswegen auch so genannten Vorzimmerdame, die dafür sorgt, dass man nicht gleich zum Chef reinstürmen kann, sondern durch ihr Büro muss. Hier scheint das eine Art Eingangsbereich oder Teil des Flurs zu sein. Den Lesegenuss hat das nicht im Geringsten geschmälert, aber da ich das Wort in diesem Zusammenhang noch nie gehört habe, habe ich mich ein bisschen gewundert. Kennt jemand diese Bezeichnung?

Unterm Strich hat mich die Autorin gleich mit diesem ersten Buch voll und ganz überzeugt und ich hoffe, wir lesen noch mehr von ihr!

Mehr dazu:

Weitere Meinungen zum Buch:
(wird ergänzt)

 


Herzlichen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar

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Titel: Auf keinen Fall wir
Autor/in: Iris W. Maron
ISBN / ASIN:
B08GYLJYLZ
Sprache:
Deutsch
Genre: Gay Romance
Verlag:
Cursed
Erscheinungsjahr:
2020
Medium:
eBook
Seitenzahl: 390
Klappentext- und Bildquelle sowie Buchdetails: Verlagsseite

 

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3 Jahre her

Hallo Gabi,
habe ich nie gehört und ich kenne auch niemanden, der so was in seinem Haus hat. Was ich kenne ist ein Windfang vor der Haustür.
LG
Yvonne

3 Jahre her

Hallo Gabi (ich wollte gerade David schreiben. Bin wohl noch nicht ganz wach :D),

ich werde ja sofort beim Wort “Archäologe” aufmerksam. Diesen Bereich finde ich total spannend, auch wenn mich Geschichte eigentlich gar nicht so sehr interessiert. Und wahrscheinlich nimmt es auch im Roman nicht so viel Raum ein.

Schüler/Lehrer Geschichten mag ich hingegen nicht so, auch wenn es auf der Uni natürlich nochmal was anderes ist, als wenn es um eine Regelschule geht.

Vorzimmer als Synonym für Flur ist mir auch nicht geläufig. Es klingt für mich wie ein österreichischer Ausdruck. Da kann es ja auch durchaus “Probleme” geben, wenn entweder Autor*in oder Lektor*in nicht aus Deutschland kommt. Eine Freundin von mir macht das gerade durch.

Das Buch hört sich jedenfalls ganz gut an. Merke ich mir mal vor :)

Liebe Grüße
Julia