Der Nachlass von Jonas Winner

Darum geht's:

Hedda Laurent liegt im Sterben und sie möchte ihre Familie noch einmal um sich versammeln. Dem Notar gelingt es sogar den abtrünnigen Sohn Theo ausfindig zu machen, um Hedda ihren letzten Wunsch zu erfüllen. Als Hedda stirbt kann selbst die gemeinsame Trauer nicht verhindern, dass in der Familie einiges an Unausgesprochenem gärt. Diese angespannte Stimmung wird durch die Testamentseröffnung noch weiter angestachelt. Nur ein Familienmitglied soll das Vermögen von über 70 Millionen Euro erben. Durch einen Wettkampf, der aus 27 Aufgaben besteht, soll entschieden werden, wer der glückliche Erbe sein wird. Die Familie ist ratlos, was die Mutter mit dieser Vorgehensweise bezwecken wollte. Trotzdem lassen sich alle auf das Spiel ein, das erst harmlos beginnt. Die Aufgaben werden aber immer grausamer und schon bald liegen die Nerven blank.

So fand ich's:

Wie weit würde man gehen, um ein beträchtliches Vermögen zu erben? Diese Frage spielt in Jonas Winners Psychothriller „Der Nachlass“ eine zentrale Rolle und bringt so manche Niederträchtigkeiten und Abgründe der menschlichen Seele zum Vorschein.

Zu Beginn wundert man sich in erster Linie darüber, was eine Mutter dazu veranlasst, einen Wettkampf zu veranstalten, um zu entscheiden, wer Universalerbe wird. Gut gefallen hat mir in den ersten Kapiteln, wie der Autor mich als Leser die unterschwelligen Animositäten innerhalb der Familie hat spüren lassen. Es war schnell klar, dass hier einiges im Argen liegt und dass das das Spiel um das Erbe noch zusätzlich auf das Äußerste treiben würde.

Der Erzählstil ist leicht und flüssig und auch die verschiedenen Perspektiven und Zeitsprünge sind gut aufeinander abgestimmt, so dass man jederzeit problemlos der Handlung folgen kann. Ich fand es spannend, aufgrund von Einschüben mehr über die Vergangenheit der Familie zu erfahren. So spitzte sich die Geschichte immer weiter zum Ende hin, sprich zum Höhepunkt, zu.

Am Anfang des Buches findet man einen Stammbaum der Familie. Was ich zuerst als angenehmes Gimmick empfand, entwickelte sich zu einer wahren Hilfe während dem Lesen. Da die Figuren für meinen Geschmack recht flach und blass bleiben, konnte ich sie über längere Zeit auch immer nur schwer zuordnen. Mit der Zeit wurde es - gerade auch mit Hilfe der erwähnten Aufstellung – etwas besser, so dass ich mich mehr auf die Geschichte einlassen konnte.

Aufgrund der härteren und grausamer werdenden Aufgaben wurde es für die Familienmitglieder von Mal zu Mal nervenaufreibender und so auch für mich als Leser immer spannender. Es gab jedoch Aufgaben, bei denen ich mich fragte, ob ich tatsächlich so etwas lesen möchte. Der leichte Schreibstil entwickelte sich langsam zu einer monotonen Erzählstimme, die etwas Hypnotisches hatte. Daher fühlte ich mich wie von einem Magneten angezogen und konnte nicht aufhören zu lesen. Geholfen hat mir dabei sicher auch, dass der Autor bei besonders schaurigen und verstörenden Aufgaben auf zu viele Details und Emotionen verzichtete.

Auch jetzt nach ein paar Tagen bin ich zwiegespalten und ich finde es schwierig, das Buch zu bewerten. Es hat mich gefesselt, zum Teil gar gelähmt. Es gab Punkte, die für mich zu verstörend waren und der Autor packte für meinen Geschmack eine Prise Drama zu viel in die Geschichte rein. Zum Schluss hin hat er jedoch sein ganzes Erzähltalent unter Beweis gestellt, indem er dem Leser eine für mich komplett überraschende Auflösung bietet. Auf diese Erklärung wäre ich im Leben nie gekommen und trotzdem war so alles in sich schlüssig und es blieben keine Fragen offen.

Für mich steckt in diesem Buch alles drin, was einen Psychothriller ausmacht – und sogar ein bisschen mehr. Für zarter besaitete Seelen ist „Der Nachlass“ eher nicht zu empfehlen. Daher hatte auch ich mit einzelnen Szenen ein bisschen zu kämpfen. Überzeugt hat mich jedoch das Talent des Autors eine solch komplexe Geschichte so auszuarbeiten, dass die Handlung stringent bleibt und dennoch nicht langweilig wird. Eine düstere, beklemmende und angstvolle Atmosphäre zu schaffen – ja, das kann Jonas Winner definitiv. Wer sowas mag, wird hier auf seine Kosten kommen.

Mehr dazu:

Weitere Meinungen zum Buch:
(wird ergänzt)

 


Herzlichen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar

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Titel: Der Nachlass
Autor/in:  Jonas Winner
ISBN / ASIN: B086V6CBTY
Sprache:
Deutsch
Genre:  Psychothriller
Verlag:  Heyne Verlag
Erscheinungsjahr:
2021
Medium:
 E-Book
Seitenzahl:
 352
Klappentext- und Bildquelle sowie Buchdetails: Verlagsseite

 

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