Darum geht's:
Ein Toter sitzt auf dem Schiff und keiner hat etwas mitbekommen. Wenig später wird in einem Linienbus ein zweiter Toter entdeckt und wieder hat keiner etwas bemerkt. Die beiden toten Männer werden nicht vermisst, niemand kennt sie. Dieser Fall scheint auf den ersten Blick unlösbar zu sein für Ariel Spiro.
So fand ich's:
Berlin zwischen den beiden Weltkriegen. Hier pulsiert das Leben, man amüsiert sich, feiert die Nächte durch, konsumiert Drogen, redet sich die Köpfe heiß über Politik. Gleichzeitig sterben mittellose Menschen an Allerweltskrankheiten, die man mit wenigen Mitteln heilen könnte, die Syphilis grassiert und politische Flüchtlinge aus Russland versuchen, sich mit ihrer akademischen Bildung irgendwie durchzuschlagen. Die Nazis sind schon in den Startlöchern.
Hier prallen Gegensätze aufeinander und es gibt nichts, was man in Berlin zu dieser Zeit nicht finden kann. Kerstin Ehmer greift mittenrein und nimmt uns mit in diesen Schmelztiegel. Man trifft auf blasse Damen in teuren Seidenkleidern genauso wie patente Frauen in Kittelschürzen, die ihr Leben und das ihrer Bande von Kindern ebenso gekonnt managen. Selten habe ich mich so mittendrin gefühlt wie bei den Spiro-Büchern von Kerstin Ehmer. Sie macht die Zeit greifbar, fühlbar und man meint, die Kohlsuppe zu riechen oder den Moder an den Wänden, den Champagner auf den Lippen zu schmecken.
Neben Ariel Spiro erzählen noch andere Personen abwechselnd aus ihrer Perspektive. Jeder Handlungsstrang ist für sich interessant, nur sieht man nicht auf den ersten Blick, wie sie zusammenhängen. Man verfolgt das Leben der einzelnen Erzähler, allen voran natürlich Spiro, und erst zum Schluss wird an den entscheidenden Fäden gezogen und alles verbindet sich zu einem fertigen Bild. Diese Erzählweise war sehr unterhaltsam, auch wenn die Atmosphäre, die Menschen, eindeutig den Vorrang vor Action oder auch dem Kriminalfall hatten. Die Aufklärung der Morde passiert fast wie nebenbei, gerät aber nie zu sehr in den Hintergrund.
Der Roman schöpft aus dem Vollen und ich habe jede Seite sehr genossen. Ich finde, "Die schwarze Fee" hat den schon grandiosen Band 1 "Der weiße Affe" noch übertroffen. Man kann diesen zweiten Band zwar schon als Einzelband lesen, aber ich empfehle dringend, sich den ersten Band auch nicht entgehen zu lassen. Hoffentlich gibt es noch mehr Bände von dieser Reihe, denn die Verbindung von historischer Milieustudie und Kriminalfall finde ich hier absolut gelungen umgesetzt.
Mehr dazu:
Weitere Meinungen zum Buch:
KeJas Wortrausch (Kerstin)
Die Serie in der richtigen Reihenfolge:
Der weiße Affe
Die schwarze Fee
Meinen herzlichen Dank an Kerstin, die mir dieses Buch überlassen hat!
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Titel: Die schwarze Fee
Autor/in: Kerstin Ehmer
AIBN / ASIN: 978-3-86532-656-0
Sprache: Deutsch
Genre: historischer Krimi
Serie: Ein Fall für Spiro #2
Verlag: Pendragon
Erscheinungsjahr: 2019
Medium: Klappenbroschur
Seitenzahl: 400
Klappentext- und Bildquelle sowie Buchdetails: Verlagsseite
Wow, hätte ich es nicht schon gelesen würde ich es jetzt lesen wollen :-)
Super schöne und neugierig machende Rezension von dir.
Ich hoffe ja auf einen dritten Band, mit oder ohne Spiro, aber auf jedenfall aus der Zeit und der wahnsinnig gut dargestellten Atmosphäre.
Lieben Dank auch fürs Verlinken :-*
Herzliche Grüße, Kerstin
Freut mich, liebe Kerstin, dass Dir meine Rezension gefällt. Ich fand es gar nicht leicht, dem Buch gerecht zu werden, ohne zu viel zu verraten. Und natürlich will ich alle zum Lesen verleiten, denn das Buch ist wirklich fantastisch. Mir wärenn weitere Bände MIT Spiro natürlich lieber, aber das Flair und die Stimmung der Zeit sind von Kerstin Ehmer so toll eingefangen worden, dass sie sicher auch andere lebensnahe Personen aus der Feder lassen kann.
Liebe Grüße
Gabi