Bis die sommerliche Hitze ganz aus meinem Schlafzimmer verschwunden ist, schlage ich mir noch die Nächte um die Ohren und habe deshalb auch mitten in der Nacht die Zeit und Muße, um die Montagsfrage zu beantworten, die wie immer auf dem Blog Buchfresserchen gestellt wird.
Hat sich mein Leseverhalten durch die fortschreitende Digitalisierung verändert? Ja und nein.
Früher habe ich z. B. so gut wie gar keine Kurzgeschichten gelesen, was sich schon ziemlich geändert hat, seit man sie in digitaler Form haben kann. Als es nur Printversionen von Büchern gab, konnte man sich Anthologien kaufen. Aber ergänzende Kurzgeschichten, Weihnachts- Oster- oder Halloween-Specials zu Romanfiguren und ganz losgelöst von irgendwelchen Romanen einfach nur nette Geschichten, die nicht ganz Romangröße erreicht haben, gab es einfach nicht in meinem Leserepertoire. In digitaler Form stoße ich ständig auf sie (besonders englischsprachige) und konsumiere sie auch regelmäßig. Vielleicht ist es für die Autoren auch einfacher geworden, z. B. eine 80 Seiten starke Kurzgeschichte im Selbstverlag nur digital zu veröffentlichen? Als Print hätte so ein Werk außerhalb einer Anthologie vermutlich keine Chance.
Andererseits glaube ich nicht, dass ich zunehmend oberflächlicher lese bzw. kürzere Bücher oder Leseabschnitte bevorzuge.
Vielleicht liegt es daran, dass ich in meinem Beruf sehr genau auf die Formulierungen achten muss, weil es z. B. einen sehr großen Unterschied macht, ob man in einer Vorschrift etwas kann, darf, soll oder muss. Ich sehe sehr genau hin, auch wenn der Text grottenlangweilig ist. Das schützt mich vielleicht ein wenig davor, nur noch oberflächlich drüberzulesen und auch zu schnell die Geduld mit Büchern zu verlieren, die einen etwas längeren Atem erfordern. Ich habe früher auch schon quergelesen, wenn mich eine Passage zu sehr gelangweilt hat und denke nicht, dass ich das durch die Digitalisierung häufiger tue.
Außerdem neigt man als Leser von Krimis dazu, den Text extra aufmerksam zu lesen, denn man will ja keinen versteckten Hinweis auf den Täter übersehen. Krimis zu lesen trainiert die Wachsamkeit und verlängert vielleicht auch die Aufmerksamkeitsspanne, weil sie meistens gleich mit einem “mörderischen“ Paukenschlag beginnen und selten ruhigere Passagen zu finden sind.
Vielleicht liegt es auch daran, dass ich schon soooooo alt bin und einfach lange genug ohne digitale Versionen in knackig-kurzer Instant-Aufmachung gelesen habe, dass ich nun einfach für den Rest meines Lebens von dicken Wälzern, die einem zu später Stunde ins Gesicht fallen, geprägt bin.
Und hier geht es zu den Montagsfragen, die ich im Laufe der Zeit schon beantwortet habe.
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Hi Gabi,
nun hätte ich beinahe meinen Cappu auf den Monitor geprustet. Herrlich formuliert! Diese Prägungen von dicken Wälzern verschwinden aber offenbar mit der Zeit. Früher las ich mit Vorliebe dicke Wälzer und ich kann gar nicht sagen wiiieeeviele davon in meinem Gesicht gelandet sind! Man sieht es mir heute aber nicht mehr an. ;o)
Mein Beitrag :o)
Beste Lesegrüße
FiktiveWelten
Ja, das sind so meine praktischen Erfahrungen mit dicken Büchern, die ich spät abends im Bett lese und die mir dann auf die Nase kippen. Schön, dass ich mit diesem Hobby nicht alleine bin ;-)
LG Gabi
Liebe Gabi,
Türstopper? Du bist ein Scherzkeks :-).
Wenn ich mich mit einem Buch hinsetzte und zu lesen anfange, dann mach ich das in Ruhe und voll umfänglich. Ich möchte alles lesen, jeden Satz verstehen und in der Lage sein zu hinterfragen, das kann ich nur, wenn ich sehr bewusst lese. Ein oberflächliches Überfliegen ließe die Handlung auf der Strecke und der Griff zum Buch wäre unwichtig geworden. Insofern beeinflusst mich die fortschreitende Digitalisierung nicht beim Bücherlesen.
Herzlichst,
Nisnis
Ich versuche auch, mich von den kurzen Zeitungsartikeln, schnellen Tweets, übergroßen Schlagzeilen ohne vertiefenden Text dazu usw. nicht mitreißen zu lassen. Denn so wie Du lesen möchtest, so will ich das auch. Und so genießt man das am allermeisten.
LG Gabi
Die Hauptveränderung meines Leseverhaltens liegt darin, dass ich jetzt viel mehr eBooks lese. Ich lese zwar auch durchaus gerne Bücher im “Türstopperformat”, aber wenn ich das Buch kaum halten kann (und am Ende auch noch die Schrift winzig ist), macht mir das einfach nicht wirklich Spaß. Ich wünschte, ich hätte meinen eReader schon gehabt, als Until I Find You von John Irving rauskam … Was hab ich mich mit dem Ding abgequält … So was gibt’s jetzt bei mir nur noch im Digitalformat!
Ab tausend Seiten wird’s mit dem Lesen der Printausgabe auch für mich kritisch. Ich lese nämlich tatsächlich oft im Bett und wenn ich müde werde, dann fällt mir der Wälzer auch wirklich schon mal ins Gesicht. Weil ich aber manche Bücher doch ganz gerne in Papierform im Regal stehen haben will, kaufe ich mir das eBook und lese es sofort und kaufe später (oft auch gebraucht) die Papierausgabe noch mal. Denn zum Lesen von ganz dicken Büchern ist ein eReader wirklich eine tolle Sache.
LG Gabi
Huhu Gabi,
ich denke, ich kann nur insofern von Auswirkungen auf mein Leseverhalten sprechen, als dass ich einerseits mittlerweile natürlich eBooks lese, die es früher eben noch nicht und andererseits, dass ich unter Umständen noch mehr darauf achte, mir das Lesen als Flucht vor der Digitalisierung zu bewahren. Ich weigere mich, mich von irgendwelchen technischen und/oder digitalen Spielereien unter Druck setzen zu lassen. Bücher eignen sich ganz hervorragend, um einfach mal abzuschalten – im wahrsten Sinne des Wortes. :)
Montagsfrage auf dem wortmagieblog
Viele liebe Grüße,
Elli
Ja, irgendwie muss man die Balance halten. Komplett jede Änderung verweigern und nur als Print zu lesen bringt einen um so manches gute Buch, das eben nur digital erschienen ist und lässt einen im Urlaub die schweren Bücherberge herumschleppen. Aber ich liebe es auch nach wie vor, ohne Tablet oder Handy daneben schön nostalgisch Seite für Seite umzublättern und ganz ohne Blinken und Klingeln in einem Buch zu versinken.
Hat ja auch beides was für sich.
LG Gabi
Krimis trainieren lesen – merke ich mir! Du hast recht – kleine Bücher wären in Papierform nicht konkurenzfähig. Ich hab unter einem FB-Post gelesen, dass sich eine Leserin ärgerte, dass es die Ergänzung zu einer Buchreihe, ein kleines, kurzes Extra-Bonbon, nur als E-Book gab, obwohl die Hauptbücher auch als Print verfügbar waren. Das ist wirklich ärgerlich. Andererseits gibt es einen deutschen Verlag, der diese Extra-Storys in Form eines kleinen Heftchens anbietet. Wozu man Leseproben nutzen könnte…
Mein Leseverhalten hat sich wenige geändert. Ich lese etwas mehr E-Book, aber ich lese nicht anders.
Ich kenne auch begeisterte Leser, die keinen eReader besitzen (ja, sowas soll es noch geben ;-) ) und die sich regelmäßig darüber ärgern, dass diese kleinen Extra-Bonbons nur elektronisch erscheinen. Für eine Print-Version muss man sich dann viel mehr Aufwand und Kosten machen oder etwas Spezielles ausdenken. Aber Du hast Recht, diese Leseproben-Heftchen gibt es ja auch in Papierform. Wäre eine schöne Werbemaßnahme.
LG Gabi