Montagsfrage: Welche Erfahrungen habt ihr mit Gay Romance gemacht? Was reizt euch daran, was stößt euch ab? Habt ihr Lesetipps?

Diese Woche ist die Montagsfrage, die wie immer auf dem Blog Buchfesserchen gestellt wird, genau nach meinem Geschmack. Schließlich ist ein großer Teil der Bücher, die ich hier bespreche, Gay Romance.

Bis vor 4 Jahren hätte man mich mit romantischen Büchern jeder Art sofort in die Flucht jagen können! Ich wollte nicht von naiven Schönheiten lesen, die sich in den größten Macho aller Zeiten verlieben und ihn “zähmen”. Die typischen Klischees von schönen Frauen, die eine Heirat als oberstes Lebensziel haben und von starken Männern, die mit Machogehabe und überirdischem Sex-Appeal punkten, stießen mich eher ab oder brachten mich zum lachen. Liebesromane und ich? Nein, Danke.

Aber im Sommer 2013 hatte ich beschlossen, mein Schulenglisch wieder aufzufrischen und bin die lange Liste der Bücher, die mir irgendwann mal von irgend wem empfohlen wurden, durchgegangen. Ein Krimi, der viel Action versprach, wurde ausgewählt und unterhielt mich prima (wer selbst mal schauen will, es war Cut & Run von Abigail Roux, das es inzwischen auch in deutscher Übersetzung gibt). Bis nach einer ganzen Weile die beiden Macho-Ermittler sich tatsächlich ineinander verliebten! Ich gebe zu, ich bin nochmal auf die Amazon-Seite gegangen und habe den Klappentext durchgelesen, weil ich eine ganze Zeit lang überzeugt war, einen waschechten Krimi zu lesen. Nein, da stand nichts davon, ich hatte es also nicht überlesen, dass das Gay Romance ist. Okay, ich hätte auf die Kategorien schauen können, da stand schon “Liebesromane” und “schwul/lesbisch”, aber wer schaut sich das schon an? Ich nicht. Nachdem mir das Buch bis dahin aber gut gefiel, habe ich weiter gelesen … und bin komplett bei dem Genre hängen geblieben.

Denn das, was mich bei vielen Hetero-Liebesromanen nervt, genau diese überholte Rollenverteilung zwischen Mann und Frau, gab es da nicht. Der eine war so Macho wie der andere und das Liebespaar begegnet sich auf Augenhöhe. Die Rollenverteilung passiert nach Vorlieben und Charakter – so wie es eigentlich zwischen zwei Partnern immer sein sollte, egal welchen Geschlechts. Und diese von vorne herein gleichberechtigte Ausgangssituation gibt den Autoren viel mehr Freiheiten, die Beziehung zu gestalten. Natürlich gibt es da auch Klischees und es wimmelt von Männern, die alle Eigenschaften haben, die einem sofort beim Stichwort “typisch schwul” einfallen. Aber oft genug wird auch mit diesen Klischees gespielt und bewusst die Rollen vertauscht oder die konsequente Charakterisierung durchbrochen.

Irgendwann habe ich auch festgestellt, dass es sehr viele Kombinationen mit anderen Genres gibt. Man findet bei den Gay Romance historische Geschichten genauso wie Science Fiction, Fantasy, Krimis und Thriller usw. und es werden bei den zeitgenössischen Büchern auch viele spannende Themen aller Art mit angesprochen. Da geht es um Krankheiten, Alleinerziehende oder unerfüllten Kinderwunsch, Verrat und berufliches Versagen, Tod, Krieg und Freundschaft. Und ganz oft um das Coming Out, das ja nicht nur darauf beschränkt werden muss, seine sexuelle Orientierung seinem Umfeld zu eröffnen, sondern diese Problematik kann man auf viele Aspekte des Lebens erweitern, die man für sich behält oder öffentlich macht und mit den Reaktionen lebt.

Ich hab mich schon immer für einen toleranten Menschen gehalten, aber seit ich Gay Romance lese, habe ich nochmal einen ganz anderen Blick dafür, wie die Gesellschaft Minderheiten behandelt, wie wenig Interesse und Aufgeschlossenheit, wie wenig Toleranz manchmal da ist. Und dass man als Einzelner da sehr wohl gegensteuern kann. Vielleicht könnte man sagen, dass dieses Genre mein Bewusstsein ein bisschen für das Miteinander geschärft hat.

Und ich will das natürlich auch nicht unter den Tisch fallen lassen – bei den meisten Gay Romance Büchern gibt es einen ordentlichen Anteil an ziemlich deutlich beschriebener Erotik aller möglicher Spielarten und das stört mich nun auch nicht unbedingt. Im Gegenteil. Es gibt aber auch viele Bücher mit sehr dezenter oder ganz ausgeblendeter Erotik, die ich auch gerne lese. Am Ende muss sowieso die Story überzeugen.

Ich habe inzwischen meinen Spaß an Büchern mit Happy End entdeckt und finde gerade die Kombination mit härteren Krimis und Thrillern, die ich außer Gay Romance hauptsächlich lese, eine gute Ergänzung. Liebe und Tod sind abgedeckt von meinen Lesevorlieben :-)

Lesetipps sind ein bisschen schwierig, wenn man nicht weiß, was der andere sonst so liest. Mit meiner “Einstiegsdroge” Cut & Run wird beispielsweise nicht besonders glücklich werden, wer keine Krimis und Thriller mag. Deshalb verlinke ich einfach mal meine Liste der Gay Romance Rezensionen, von denen viele sich auf englischsprachige Bücher beziehen, aber es sind auch deutsche dabei. Und wer einen konkreteren Lesetipp haben möchte, kann mir gerne seine Vorlieben als Kommentar hinterlassen und ich versuche, ein paar Bücher vorzuschlagen, die passen könnten.

 

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6 Jahre her

Hey Gabi,

als ich die heutige Frage gelesen habe, habe ich mich schon auf deine Antwort gefreut. ;)
Ich kann verstehen, dass es irgendwie erfrischend ist, mal nicht mit den üblichen Rollenverteilungen in Beziehungen konfrontiert zu sein und darin der Reiz der Gay Romance liegt. Ich werde das Genre wohl trotzdem weiterhin eher selten besuchen, weil ich einfach nicht der Typ für Liebesgeschichten bin, egal wer da wen liebt. :)

Viele liebe Grüße,
Elli

6 Jahre her

Bei der heutigen Frage wusste ich, dass von Dir eine lange Antwort kommen würde. :-) Hast Du noch mehr Empfehlungen außer der Cut & Run-Reihe?

6 Jahre her
Reply to  Gabi

Oh, Zero at the Bone kenne ich bereits. Hab ich offenbar vor sieben Jahren gelesen:

https://chridhe.wordpress.com/2010/11/21/jane-seville-zero-at-the-bone/

6 Jahre her
Reply to  Gabi

*sich mal frech einmischt* Oh ja, das Buch sollte definitiv auf deiner Liste nach oben wandern. D und Jack sind toll. <3

6 Jahre her

Hallo Gabi,

Du bist also der Laberkasten, von dem ich schon bei Nisnis öfter gelesen habe. :) Freut mich, Dich kennen zu lernen.

Ich lese gar nicht gerne Liebesromane, aber genau aus dem Grund des Rollenklisches. Es gibt wenig Liebesgeschichten, die mir gefallen.
Ja, ich finde es auch immer wieder erschreckend, dass so wenig Toleranz da ist. Immer noch. Man kann es kaum glauben.

Liebe Grüße
Lilly

6 Jahre her

Hey :)

Als ich das Thema eben in meinem RSS Reader gesehen habe, dachte ich mir das auch, was schon die anderen geschrieben haben: Das it genau DIE Frage für dich :) ! Ich gebe zu, dass ich am Anfang nicht mal gewusst habe, dass es das Genre überhaupt gibt, geschweige denn dass darüber gebloggt wird. Aber das ist das Gute an Buchblogs, jeder findet sein literarisches Zuhause – und man kann auch als Leser immer etwas dazu lernen. Deiner Erklärung entnehme ich aber auch, dass es dir eigentlich egal ist, ob du M/F oder M/M liest, solange die Klischees nicht überhand nehmen, oder?

Wenn ich mich nicht so oft bei Liebesgeschichten langweilen würde, würden sie ja wahrscheinlich auch eher bei mir einen Platz finden, aber der reine Liebesroman und ich – das war schon immer schwierig (Du erinnerst dich, ich hab ja schon mal darüber gebloggt :D). Die Liebesgeschichte als Nebenplot – das ist okay, aber ich mag’s nicht unbedingt umgekehrt.

Liebe Grüße
Ascari

Huhu Gabi,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Sie war sehr interessant und es ist spannend zu sehen, wie du dich selbst weiterentwickelt hast ♥
Hier ist meine Antwort auf die Frage.

Liebe Grüße
Charleen

6 Jahre her

Huhu,

dass wir das ähnlich sehen würden, habe ich eigentlich schon erwartet. ;)

Du sprichst mir da aus der Seele, vor allem mit den Beziehungen auf Augenhöhe, wohingegen in M/F-Romanen oft noch Rollenklischees vorherrschen – das sehe ich genau so. Zwar lese ich auch ganz gerne Hetero Romance, aber ich habe selbst von meiner Lieblingsreihe schon einzelne Bände boykottiert und aus meinem Regal verbannt, weil ich das Machogehabe des Mannes gegenüber der Frau unerträglich fand, aber besonders auch die Reaktion der Frau darauf…

Durch dich ist schon so manches M/M-Buch auf meinen SUB gewandert, aber ich glaube ich schaue trotzdem nochmal in deine Liste. :D

LG Svenja

6 Jahre her
Reply to  Gabi

Hi Gabi,

das will ich auch nicht. Ich habe manchmal auch das Gefühl die Autorinnen, die solche Liebesromane schreiben, sind sich dessen nicht immer bewusst. Manchmal liest man ja doch, dass ein Autor von seiner Figur als moderne, selbstständige Frau spricht, aber das spiegelt sich dann gerade in solchen Romanen nicht immer wieder…Gemischt dürfte es für mich auch gerne sein. ;)

Ja, z.B. in die “Gaymers”-Reihe von Annabeth Albert muss ich unbedingt mal ‘reinlesen. ;D

LG Svenja

Liebe Gabi,

wie so einiger der Vor-mir-Kommentierer musste ich bei der heutigen Montagsfrage sofort an dich denken. ;) Daher bin ich auch als erstes auf deinen Blog gegangen, um mir deine Antwort durchzulesen, die ich sehr interessant finde. Ich bin ja nicht so die Liebesromanleserin und ich weiß auch nicht, ob mich Gay Romance vom Gegenteil überzeugen würde, wenn ich mich aber mal bewusst mit diesem Genre auseinandersetzen möchte, dann bist auf jeden Fall du die erste Anlaufstelle. Ich bin mir sicher, dass ich bei dir auch etwas für meinen Geschmack finden würde. :)

6 Jahre her

Hihi, ich schließe mich an, ich wusste dass man da von dir eine ausführliche Antwort erwarten kann. Ich glaube, ich habe tatsächlich noch nie Gay Romance gelesen und werde das sicher irgendwann mal ändern und ich weiß auch schon, wo ich nach einer Empfehlung suchen werde :)

6 Jahre her

Huhu :)

Eine sehr gute Antwort auf die Frage. Wer hätte gedacht, dass dich ausgerechnet ein Thriller auf das Genre bringt?
Ich kann dir in deinen Argumenten und Punkten nur zustimmen. Liebesromane/Erotikromane landen selten bei mir, momentan durch zwei Leserunden zwar etwas mehr, aber sonst nicht. Genau wegen diesem Punkt, dass die Frauen sich immer in den ultimativen Bad Boy verlieben und ihn dann ändern. Muss das denn sein? Frage ich mich da nur.

Liebe Grüße
Denise

6 Jahre her

Liebe Gabi,

bei dir findet man ein reichhaltiges Angebot diesen Genres und ja, ich weiß, auch ich müsste mal bei dir stöbern und einen Thriller oder Krimi diesen Genres für mich aussuchen. Ehrlich muss ich jedoch auch gestehen, dass mich die Covers oft schon abschrecken und so lese ich nur selten Rezensionen diesen Genres.

Sei lieb gegrüßt,

Anja

6 Jahre her
Reply to  Gabi

Ich käme bei den Covers nie auf die Idee, dass da ein vernünftiges Buch hinversteckt. Aber ich gelobe, dass ich bei dir mal besser aufpassen werde.

Liebe Grüße

Anja

6 Jahre her

Hi Gabi,

dein Beitrag hat eine Saite in mir zum Klingen gebracht. Du hast die Dinge genau getroffen, die ich in meinem Artikel zu sagen versuchte. Vor allem der Punkt mit der Augenhöhe. Das fehlt mir in heterosexuellen Liebesgeschichten wirklich oft. Und es ist schwer, Bücher mit einem Paar auf Augenhöhe zu finden.
Ich finde außerdem, dass gleichgeschlechtliche Liebesromane viel öffentlicher besprochen werden sollte. Liebe gehört allen und es sollte nich tabuisiert werden, wen man liebt.
Ich könnte mich stundenlang darüber aufregen…

Liebste Grüßlies und ein wundervolles Wochenende
Nina

6 Jahre her

Eine Frage nach meinem Geschmack, die du sehr treffend beantwortet hast.
Vielen Dank dafür und mach weiter so, diese Nische mit ihren tollen Jungs, die sich in allen Spielarten ausleben dürfen, darf nicht im Schatten stehen. Wir helfen ihnen dabei, sich immer weiter der Sonnenseite des Lebens zu nähern :-).

Man sollte aber nicht vergessen, dass zum Gay-Bereich auch die “Mädels, die Mädels” lieben zählen und es leider mMn immer noch viel zu wenig Geschichten über Transsexualität gibt. Aber wie sagt man: Steter Tropfen … *g*
LG Elke