Darum geht's:
Als Derek im Vorraum einer Bank durch einen Stromausfall eingesperrt wird, bekommt er einen Panikanfall. Zum Glück ist ein weiterer Kunde anwesend. Obwohl Basil gehörlos ist, schafft er es, Derek zu beruhigen. Die gegenseitige Sympthie ist von Anfang an da, doch ist Derek mit seinem posttraumatischen Stress überhaupt bereit für eine Beziehung? Und kann Basil das Fiasko vergessen, das er mit seinem Ex erlebte, der nicht gehörlos war und auch wenig Verständnis dafür mitbrachte?
So fand ich's:
Derek bringt in den Passagen, die er erzählt, einen ganzen Haufen Leute ins Spiel, die nur mit dem Namen vorgestellt werden und man bekommt den Eindruck, dass man sie schon kennen müsste. Ich habe sogar nachgeschaut, ob das evtl. der x-te Teil einer Reihe ist und die anderen Personen in vorhergehenden Bänden ausführlich vorgestellt wurden. Zudem nennt er seine Kollegen "Familie" und das verwirrte mich darüber, wer nun wirklich zu seiner biologischen Familie gehört (wie sein Zwillingsbruder) und wer zu seiner Studio-Familie. Von denen scheint jede einzelne Person ein sehr schlimmes Schicksal und manche eine Behinderung zu haben und das hinterließ bei mir das Gefühl einer Besetzungsliste für die nächsten Bände dieser Reihe, die mir um die Ohren gehauen wurde.
Wenn Basil aus seiner Perspektive erzählt, werden anfangs auch reichlich Personen vorgestellt und ihr Leben etwas ausführlicher berichtet. Das führt zu Abschweifungen, die mich irgendwann haben die Augen rollen lassen, weil ich doch gerne die Haupt-Handlung weiter verfolgt hätte und nicht schon wieder eine Ablenkung durch die Lebensgeschichte einer Nebenfigur haben wollte.
Zusammengenommen wurde man von beiden Männern mit Informationen und Lebensläufen überhäuft, was mich ein bisschen überfordert hat. Die Handlung schreitet in mikroskopisch kleinen Schritten voran und von dieser Seite war also keine Auflockerung des Info-Dumpings zu bekommen.
Als Basil und Derek sich durch einen Zufall kennengelernt haben, werden sie ständig mit dem anderen konfrontiert. Basil kommt zufällig an Dereks Tattoo-Studio vorbei und sieht ihn gerade das Studio verlassen. Derek kommt zufällig an Basils Blumenladen vorbei und seine Schwester redet mit ihm. Dafür, dass sie sich vorher nie begegnet sind, häufen sich diese Zufälle für meinen Geschmack zu geballt.
Auch Basil und Derek als Paar kommen mir zu kurz. Noch in der Mitte des Buches suchen sie anderswo nach dem Mr. Right und betrachten sich gegenseitig nur als Freunde. Dieses langsame Voranschreiten passt schon zu den beiden Männern, aber durch ihre Dates mit anderen Männern und Dereks Tattoostudio-Clan werden für meinen Geschmack während ihrer Annäherung zu viele Nebengeschichten erzählt und man verzettelt sich etwas. Es hätte mir viel besser gefallen, wenn Basil und Derek miteinander mehr Zeit im Buch bekommen hätten.
Basil hat ein großes Problem damit, dass er sich in einen hörenden Menschen zu verlieben scheint. Im Buch wird ein tiefer Graben zwischen gehörlosen und hörenden Menschen dargestellt, der sogar dazu führt, dass Basil sich überlegt, ob seine verstorbenen Eltern den hörenden Derek überhaupt als seinen Partner gutheißen würden. Allerdings fand ich Basil selbst nicht unbedingt kompromissbereit. Er mag seine guten Gründe dafür haben, Lippenlesen und Sprechen abzulehnen und zu erwarten, dass die Menschen seiner Umgebung die Gebärdensprache lernen, doch die unverrückbaren Grundsätze der Gehörlosen-Community und die Verachtung, mit der teilweise auf Menschen herabgeschaut wird, die sich um Gehörlose einfach keine Gedanken machen, weil sie noch nie Kontakt hatten, wirkt sehr starr und abgrenzend. Selbst in Basils Familie kam es schon deswegen zu einem schlimmen Zerwürfnis. Das konnte nicht immer nachvollziehen und hätte mir da vielleicht eine weniger strikte Haltung Basils oder mehr Einblicke erhofft.
Auch Derek hat Dinge, mit denen er schwer zu kämpfen hat. Wieso er das alles erträgt und nicht einfach den Kontakt zu seinem verhassten Vater abbricht, hat sich mir auch nicht so ganz erschlossen.
Die vielen angerissenen Nebenhandlungen und diese für beide Protagonisten wichtigen Aspekte, die ich nicht immer nachvollziehen konnte, haben mein Lesevergnügen etwas getrübt. Besonders in der ersten Hälfte musste ich mich ein wenig durchs Buch mühen, was sich allerdings zur zweiten Buchhälfte hin verbesserte. Ein Lesehighlight wurde es aber auch da nicht, sondern ich würde das Buch eher in der Mitte der Vergnügens-Skala ansiedeln.
Mehr dazu:
Weitere Meinungen zum Buch:
(wird ergänzt)
Die Serie in der richtigen Reihenfolge:
Free Hand / Unsere Liebe auf deiner Haut
Herzlichen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar
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Titel: Unsere Liebe auf deiner Haut
Original-Titel: Free Hand
Autor/in: E. M. Lindsey
Übersetzer/in: Jutta Grobleben
ISBN / ASIN: B08KWDLVW1
Sprache: Deutsch
Genre: Gay Romance
Serie: Irons and Works #1
Verlag: Cursed
Erscheinungsjahr: 2020
Medium: eBook
Seitenzahl: 254
Klappentext- und Bildquelle sowie Buchdetails: Verlagsseite