Darum geht's:
Die Puffmutter Minna, ihr Konkurrent Gustav und der Strichjunge Emil verlassen Berlin, um sich vor den Nazis in Sicherheit zu bringen. Ihr Reiseziel ist Paris und während sie sich ein Abteil der ersten Klasse im Zug durch Frankreich teilen, erzählt Minna den beiden Männern, wie es kam, dass sie Eigentümerin ihres Puffs "Ritze" geworden ist. Und sie enthüllt dabei auch, was sie mit der sogenannten Kotze-Affäre am preußischen Königshaus zu tun hatte.
So fand ich's:
Die junge Minna will die ärmlichen Verhältnisse verlassen, in denen sie groß geworden ist und die beste Idee, die sie hat, ist eben, sich zu prostituieren. Sie hat nichts außer ihrem Körper, was sie zu Geld machen könnte. Allerdings gelingt es ihr, in ein Etablisement zu kommen, in dem "bessere Herren" verkehren. Deshalb hat sie keine Existenzsorgen mehr, sobald sie Stammkunden vorweisen kann, die man gerne regelmäßig im Etablisement sieht. Mit ihrer Berliner Schnauze und dem Herz auf der Zunge erobert sie die Männerwelt und wird sogar zu einer Hofgesellschaft eingeladen.
Neben Minnas Rückblicken kehren wir immer wieder mal kurz zurück ins Zugabteil auf dem Weg nach Paris, doch der Schwerpunkt der Handlung liegt im Jahr 1895. Die Kotze-Affäre am preußischen Königshof hat tatsächlich stattgefunden und die historischen Ereignisse sind klasse in Minnas Lebenserzählung eingewoben. Man bekommt Einblicke in die frivolen Gesellschaften der Adeligen und der Hofintrigen; und Minnas handfeste Kommentare und ihr unverstellter Blick darauf haben mir prima gefallen.
Minna ist schon als junge Frau die großherzige, erfrischende und starke Person, als die wir sie im ersten Teil der "juten Sitten" kennengelernt haben und ich habe ihren Rückblick sehr gerne verfolgt. Gegensätzlicher könnten die Welt des Adels und Minnas Herkunft aus ärmsten Verhältnissen nicht sein, doch sie schafft es, sie selbst zu bleiben, auch wenn diese Zeit ihr Leben entscheidend beeinflusst.
"Kaiserwetter in der Gosse" ist keine Wiederholung des ersten Teils, sondern erzählt aus einem etwas anderen Blickwinkel. Ich fand beide Teile wunderbar vertont, auch die SprecherInnen von "Kaiserwetter" haben erstklassige Arbeit geleistet. Allerdings störte mich gegen Ende die recht häufige Unterbrechung der Erzählung durch Musik. Diese passte zwar in die Zeit und trug zur authentischen Atmosphäre bei, doch kam sie mir zu oft vor. Dadruch zersplitterte die Erzählung für meinen Geschmack etwas zu kleinteilig.
Insgesamt habe ich auch das "Kaiserwetter in der Gosse" sehr genossen und wer den ersten Band mochte, dem wird sicher auch diese Fortsetzung so gut wie mir gefallen.
Mehr dazu:
Weitere Meinungen zum Buch:
(wird ergänzt)
Die Serie in der richtigen Reihenfolge:
Die juten Sitten
Kaiserwetter in der Gosse
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Titel: Kaiserwetter in der Gosse
Autor/in: Anna Basener
Sprecher/innen: Jasna Fritzi Bauer, Ursula Werner, Leonard Scheicher, Ludwig Trepte, Lavinia Wilson, Martin Engler
ISBN / ASIN: B08N5585XR
Serie: Die juten Sitten #2
Sprache: Deutsch
Genre: Historischer Roman
Verlag: Audible Original
Erscheinungsjahr: 2020
Medium: ungekürztes Hörspiel
Hördauer: 8 Stunden 18 Minuten
Klappentext- und Bildquelle sowie Buchdetails: Audible
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